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Foto: Getty Images /mikkelwilliam

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Pro
von Rainer Schüller

Schreien befreit. Es tut so unglaublich gut, einmal richtig die Sau rauszulassen. Jemanden für all das verantwortlich zu machen, was das Leben einem in den Weg legt: ob Probleme in der Arbeit, Knatsch in der Beziehung, Wickel mit Freunden oder auch nur die simplen Tücken des Älterwerdens, die die Profifußballerkarriere nun doch zu verunmöglichen scheinen. Alles immer nur zu schlucken geht nicht. Das muss raus.

Sich richtig auskotzen ist jedoch eine Stilfrage. Schlechter Stil: In Foren mit vielen Rufzeichen !!! gegen den Frust anschrei(b)en.

Sehr schlechter Stil: Den männlichen Minderwertigkeitskomplex an Schwächeren wie etwa Kindern auslassen.

Guter Stil: in Zeiten der fokussierten Unintelligenz (Copyright: Michael Häupl), zu der neben Wahlkämpfen auch Fußballweltmeisterschaften zählen, den Fernseher (zur Not auch Tablet oder Smartphone) anbrüllen.

In stabiler Couchposition, mit Bier und Chips in Reichweite, kann der Geist gereinigt werden. Du schwoaze Sau, ich weiß, wo dein Auto steht!

Kontra
von Oona Kroisleitner

Beim Fernsehen werden bei uns die ganz großen Emotionen herausgekitzelt: Trauer, Mitgefühl, Freude und natürlich Wut. Bei manchen Gefühlen neigen wir allerdings dazu, sie lieber allein rauszulassen. Wenn niemand hinschaut, kullert ein salziger Wassertropfen über die Wange, der sofort und ganz verhalten weggewischt wird. Wir lassen uns sicher nicht von Fiktion vor anderen zu Tränen rühren. "Ich seh' dir in die Augen, Kleines." Ist doch alles nur Kitsch.

Während manche Emotionen uns erwischen, wenn möglichst kein anderer dabei ist, gibt es auch eine, die das Kollektiv geradezu braucht. Der Grant tritt lieber in Gruppen auf und steigert sich bei Sportübertragungen in seine unerträgliche Höchstform. Einfach mal richtig die Sau rauslassen, scheint die Devise.

Die Wut der ganzen Woche wird in das völlig zu Unrecht gegebene Foul gelegt und an jemanden adressiert, der keinen Konter geben kann.

Menschengruppen, die gemeinsam trinken und grölen und den Fernseher anbrüllen, sind nicht der gute Stil, sondern eher abschreckend. (RONDO, 19.6.2018)