Wenn viele Menschen abstimmen, kommt oft ein eher unspektakuläres Ergebnis dabei heraus – wie dieses Durchschnittsgottesantlitz.
Foto: Joshua Jackson et al

Chapel Hill – Das dürfte den Preis für die kurioseste Studie der Woche gewinnen – und wer weiß, vielleicht wird es auch ein Anwärter auf die im Herbst vergebenen Ignobel-Preise. Psychologen der University of North Carolina sind nämlich der Frage nachgegangen, welches Bild sich Christen in den USA von ihrem Gott machen. Dafür mussten die Studienteilnehmer aus Paaren von Gesichtsdarstellungen jeweils diejenige auswählen, die sie stärker an Gott erinnerte. Aus der Schnittmenge der Angaben wurden dann Kompositbilder wie das obige hergestellt.

Das Bild selbst ist freilich nur die Draufgabe zu einigen durchaus interessanten Ergebnissen. So konnten die Forscher um Studienleiter Joshua Conrad Jackson bei der Befragung von 511 christlichen Studienteilnehmern feststellen, dass das Gottesbild von den demographischen Merkmalen der Teilnehmer selbst geprägt ist – mit einer entscheidenden Ausnahme: Gott ist offenbar männlichen Geschlechts, da waren sich die befragten Männer und Frauen einig.

Gestaltungsfaktoren

Ansonsten aber greife die "egozentrische Verzerrung", wie es die Forscher nennen. Jüngere Probanden schrieben auch Gott ein tendenziell jüngeres Gesicht zu als die älteren. Afroamerikaner sahen einen weniger "kaukasischen" Gott vor sich als europäischstämmige Amerikaner.

Und der Effekt beschränkt sich nicht auf körperliche Merkmale, die Forscher stellten auch einen Einfluss der politischen Haltung fest. Liberal gesinnte Probanden wiesen ihrem Gott ein jüngeres, feminineres und liebevolleres Gesicht zu. Konservative dachten eher an eine machtvolle (und tendenziell europäische) Erscheinung. Sie gingen damit stärker in die Richtung herkömmlicher Darstellungen eines strengen Gottes, "von Michelangelo bis Monty Python", wie die University of North Carolina schreibt.

"Menschen projizieren oft ihr Denken und ihre Merkmale auf andere", sagt Studienkoautor Kurt Gray. Die Studie zeige, dass dies auch für das Gottesbild gelte. (jdo, 13. 6. 2018)