Es rumort in der Bad Gasteiner Kirchengemeinde: Der neue Pfarrer steht wegen Thesen zu Sünden und Homosexualität in der Kritik.

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Die Unterrichtsvorlage für junge Menschen von Pfarrer Rainer Hangler kennt vier himmelschreiende Sünden. Das entspricht dem Katechismus.

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Salzburg – Helle Aufregung in der Pfarre Bad Gastein: Es geht um das Kapitel "Die Gebote Gottes und der Kirche" in den Unterlagen für den Firmunterricht 2018. In diesem Abschnitt finden sich nach der Auflistung der zehn Gebote die im Katechismus formulierten "sieben Hauptsünden" sowie "vier Sünden, die zum Himmel schreien".

Genau dieser Abschnitt hat den Unmut vieler Eltern von Firmlingen erregt. Hier wird nämlich nach dem ersten Punkt "vorsätzlicher Mord" gleich im zweiten Punkt "Die Sünde Sodoms (Sodomie, Pädophilie, homosexuelle Akte)" genannt. Danach folgen "Unterdrückung der Armen" und "Arbeiter um ihren Lohn bringen". Autor des Textes ist der seit vergangenem Jahr für die Pfarrgemeinschaft Gasteinertal zuständige Pfarrer Rainer Hangler.

Gleichstellung von Mord und Homosexualität

"Einige Eltern diesjähriger Firmlinge haben sich dann an mich gewendet", berichtet der Bad Gasteiner Bürgermeister Gerhard Steinbauer (ÖVP). "Bürgermeister hilf du", sie wollten die schriftliche De-facto-Gleichstellung von Mord und Homosexualität so nicht akzeptieren.

Die Eltern hätten wohl ihn kontaktiert, um nicht selbst beim Pfarrer vorsprechen zu müssen. Aber auch Steinbauer selbst war einigermaßen schockiert.

Er wandte sich dann auch gleich an die nächsthöhere Kircheninstanz. In einem Schreiben an den Salzburger Erzbischof Franz Lackner wollte er wissen, ob diese "Aussagen im 21. Jahrhundert noch zeitgemäß sind".

Erzbischof bleibt vage

Lackners erste Antwort blieb karg: Der Herr Bürgermeister solle doch die Causa mit Pfarrer Hangler persönlich besprechen. Dieser sei theologisch qualifiziert. Steinbauer ließ das nicht auf sich sitzen und hat auch an Kardinal Christoph Schönborn geschrieben. Der Kardinal schweigt bis heute, stattdessen kam nun von Lackner eine längere Antwort.

Unter anderem schreibt Lackner: Der Raster "zeitgemäß versus nichtzeitgemäß" sei für das Christentum nicht relevant. "Christlicher Glaube wird immer eine gewisse Differenz zu Meinungen und Gewohnheiten der jeweiligen Zeit bilden, nur so kann er als Salz Geschmack verleihen."

Keine klare Stellungnahme

Die Herausforderung sei, "die christliche Idealgestalt gelebter Sexualität klar zu benennen, aber dennoch sich an jeweiligen anders lebenden Personengruppen nicht durch Verurteilung und Diskriminierung schuldig zu machen". Hier sei "pastorales Fingerspitzengefühl" erforderlich.

Eine klare Antwort sei das nicht, ärgert sich Steinbauer über Lackners Brief. Dabei habe er immer geglaubt, es handle sich bei dem Salzburger Erzbischof um einen aufgeschlossenen Kirchenmann.

"Keine Indoktrination"

Pfarrer Hangler gibt sich auf Anfrage des STANDARD erstaunt über die Debatte in seiner Gemeinde. Mit ihm habe niemand gesprochen. Die von ihm verfassten Unterlagen wären jedenfalls nur "Thesenpapiere" für die Diskussion mit den jungen Leuten. Und was für den studierten Theologen auch wichtig ist: Er beziehe sich ausdrücklich auf die Lehrmeinung, auf den Katechismus.

Er sei "hochprogressiv an die Sache herangegangen", es sei nur darum gegangen eine kritische Diskussion und Reflexion zu starten. Von ihm komme sicher "keine Indoktrination", homophobe Absichten stünden nicht hinter dem Papier, sagt Hangler. Eltern wie Bürgermeister hätten seine Methode auch nie hinterfragt, niemand habe sich an ihn gewendet.

Keine Diskussion

Allerdings räumte Pfarrer Hangler ein, dass es zu der Diskussion im Firmunterricht dann auch nicht gekommen sei. "Wir sind nur bis zum fünften Gebot gekommen." Die "vier himmelschreienden Sünden" blieben für die Firmlinge damit einfach in den Unterlagen unkommentiert stehen – inklusive Mord, Homosexualität, Pädophilie, Sodomie. (Thomas Neuhold, 14.6.2018)