Mazedonien hat seit 2005 Kandidatenstatus und könnte längst Teil der EU sein, wenn Griechenland das nicht bisher per Veto verhindert hätte.

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Athen/Skopje – Wer bisher von Griechenland nach Mazedonien fuhr, musste sich auf der Autobahn nach Schildern mit dem Hinweis "YU" richten, obwohl Jugoslawien schon lange nicht mehr existiert. Die Einigung der mazedonischen und der griechischen Regierung auf ein Abkommen zur Lösung des 27-jährigen Namensstreits ist vor allem ein Verdienst der neuen sozialdemokratischen Regierung unter Zoran Zaev und Außenminister Nikola Dimitrov.

Ohne deren intensive Bemühungen und das Zugehen auf Griechenland würde Mazedonien weiter auf ein Ende der Blockade warten. Am Wochenende werden Zaev und sein griechischer Amtskollege Alexis Tsipras die Vereinbarung in der Grenzstadt Prespa unterzeichnen. Mazedonien, das künftig – zumindest in offiziellen Dokumenten – "Nord-Mazedonien" genannt werden wird, wird die Hymne, das Wappen und die Flagge nicht ändern. Persönliche Dokumente und Reisepässe ändern sich, wenn deren Gültigkeit abgelaufen ist. Das Kfz-Kennzeichen wird von MK auf NMK geändert.

Prinzip "erga omnes"

Für Athen war besonders wichtig, dass der neue Name für den internationalen und den internen Gebrauch ("erga omnes") verwendet wird. Die mazedonische Regierung erwartet nun, mit den EU-Beitrittsverhandlungen beginnen zu können. Am 28. Juni soll auf dem EU-Gipfel ein Datum genannt werden. Das Land hat seit 2005 Kandidatenstatus und könnte längst Teil der EU sein, wenn Griechenland das nicht bisher per Veto verhindert hätte. Auch ein Beitritt zur Nato wird erwartet. Die prorussische Opposition in Mazedonien kritisiert auch deshalb die historische Einigung. Nächste Woche soll das Abkommen im Parlament in Skopje debattiert werden. Im Herbst wird in Mazedonien zudem eine Volksabstimmung zu den notwendigen Verfassungsänderungen durchgeführt werden.

Die Opposition versucht, die Einigung mit Griechenland als Verrat an der mazedonischen Nation darzustellen. Präsident Gjorge Ivanov sagte am Mittwoch, er werde das Abkommen keineswegs unterzeichnen. Er kann das Inkrafttreten aber langfristig nicht verhindern. Am Mittwoch wurden übrigens einige Anhänger der Opposition, die im April 2017 das Parlament gestürmt und Abgeordnete verprügelt hatten, zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

In Athen kündigte der konservative Oppositionsführer Widerstand an – wohl gegen seine eigene Überzeugung. Kyriakos Mitsotakis will den nationalistischen Teil seiner Partei Nea Dimokratia und deren Wähler nicht verprellen. Tsipras braucht im Parlament die Stimmen der Opposition, um die Einigung mit Mazedonien rechtskräftig zu machen.

Der gewiefte Premier setzt auf die Spaltung der konservativen Nea Dimokratia. Tsipras weiß, dass die Wirtschaft und der Großteil der Meinungsführer in Griechenland die Lösung des leidigen Namensstreits wollen. Selbst Dora Bakoyannis, Mitsotakis' Schwester und frühere Außenministerin, erklärte bereits, sie würde für die Einigung stimmen. (Adelheid Wölfl, Markus Bernath, 13.6.2018)