Alle Welt blickte gespannt nach Washington, wo Fed-Chef Jerome Powell den nächsten Zinsentscheid verkündete. Jedes Wort des Notenbankers landet auf der Waagschale.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat ihren Leitzins weiter angehoben. Der Schlüsselsatz, zu dem sich Banken gegenseitig Geld leihen, steige um 0,25 Punkte auf eine Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent, teilten die Währungshüter am Mittwoch in Washington mit. Zuletzt hatte es vor zehn Jahren und damit noch vor dem Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise eine Zwei vor dem Komma gegeben.

An den Finanzmärkten war mit dieser Entscheidung gerechnet worden. Die Notenbank begründete den zweiten Zinsschritt in diesem Jahr mit der guten Lage der Konjunktur und des Arbeitsmarkts – und signalisierte zugleich noch zwei weitere Zinserhöhungen für heuer.

Mit der Leitzinserhöhung steigen zunächst die Kosten für Geld, das Banken sich über Nacht untereinander leihen. Doch dadurch werden tendenziell auch Kredite für Unternehmen und Verbraucher teurer. So kann die Notenbank die brummende Konjunktur bremsen und einer möglicherweise drohenden Überhitzung der Wirtschaft entgegenwirken.

Heikle Wortwahl

Nicht einmal Diplomaten achten so peinlich genau auf ihre Wortwahl wie Jerome H. Powell. Als der Präsident der US-Notenbank Fed die Entscheidung über die Leitzinsen am Mittwoch in Washington präsentierte, achteten Analysten und Marktbeobachter auf jedes kleinste Indiz.

Analysten interessiert nun vor allem, mit welchem Tempo, die Zinsen künftig steigen werden. Derzeit liegt der Leitzins annähernd auf neutralem Niveau.

Im Gegensatz etwa zur Europäischen Zentralbank verfolgt die Fed zwei Ziele: Sie will Preise stabilisieren und die Arbeitslosigkeit auf einem "natürlichen", niedrigen Niveau halten. Jüngste posi tive Konjunkturdaten treffen auf politische Risiken, Kapitalabflüsse in die USA legen die Schwächen exponierter Schwellenländer offen. Die Fed versucht einen Balanceakt mit Blick auf mehrdeutige Entwicklungen:

Preise

Im Mai stieg die Inflationsrate auf 2,8 Prozent, der stärkste Anstieg seit Februar 2012. Beobachter hatten mit einer leicht geringeren Inflation gerechnet.

Die Fed strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Dabei achtet sie aber auf die Teuerung ohne Energie- und Lebensmittelpreise, die notorisch volatil sind. Zuletzt hat der von den Notenbankern bevorzugte Preisindex ebenfalls angezogen und erreichte 1,8 Prozent.

Jobs

Die Arbeitslosenquote in den USA war im Mai auf 3,8 Prozent gefallen, das niedrigste Niveau seit 18 Jahren. Die von der Fed erhoffte Vollbeschäftigung ist zum Greifen nahe. Bisher hat die positive Beschäftigungsentwicklung aber bei den Notenbankern nicht so viel Euphorie ausgelöst, da die Löhne nicht Schritt hielten. Im Mai sind die Gehälter aber stärker gestiegen als erwartet.

Konjunkturpaket

Mitten in einer robusten Wachstumsphase hat Washington mit einer Steuersenkung von über einer Billion Dollar und zusätzlichen Ausgaben von rund 300 Milliarden Dollar ein massives Konjunkturpaket geschnürt. Die Fed muss genau abwägen, wie stark das Wachstum dadurch angekurbelt wird.

Handelskonflikt

Den positiven Konjunkturdaten stehen politische Risiken für die Weltwirtschaft gegenüber. Anfang Juni hatte Donald Trump Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium von engsten Verbündeten der USA, wie Kanada und der EU, ausgedehnt. Sein Abgang beim G7-Gipfel heizte Befürchtungen an, dass ein weiterer Schlagabtausch mit gegenseitigen Zollerhöhungen der größten Wirtschaftsmächte bevorsteht. Diesen Dämpfer für die Wirtschaft will die Fed nicht noch durch höhere Zinsen verstärken. (slp, 14.6.2018)