Sex vor einem Spieltag könne auch Stress und Anspannung abbauen, sagen Experten.

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Fußballer dürfen während der Weltmeisterschaft Sex haben – zumindest wenn es nach medizinischen Experten geht. "Körperliche Aktivität beim Sex in der Nacht vor einem großen Spiel ist überhaupt kein Problem", sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Eine gewisse Reglementierung könne aber grundsätzlich ratsam sein.

Und Sportpsychologe Rene Paasch vom VfL Bochum weiß, die angeblich leistungsschwächende Wirkung von Sex auf Spitzensportler ist inzwischen durch Untersuchungen widerlegt. "Erfahrene und moderne Trainer wie Jogi Löw legen viel Wert auf Zwischenmenschliches und lassen den Spielern genug Freiraum."

"Sex ist an sich immer gesund, aber natürlich haben wir es mit körperlicher Anstrengung zu tun. Der Kreislauf fährt hoch, Muskeln werden beansprucht, eine Stoffwechsel-Aktivierung tritt ein und ein Energieverbrauch", erklärt Froböse. Und auch die Hormone mischen mit. "Zu Beginn wird vor allem Testosteron ausgeschüttet und während des Prozesses auf einem hohen Niveau gehalten. Dann verschwindet das Testosteron und Melatonin und Serotonin übernehmen – die Hormone, die uns entspannen."

Keine Ausdauerleistung

"Körperliche Aktivität beim Sex in der Nacht vor einem großen Spiel ist überhaupt kein Problem, wenn es nicht gerade eine wahnsinnige Orgie darstellt", so Froböse. Aber Achtung: "Der Schlaf als wichtigste Regenerationsphase sollte nicht für Sex geopfert werden. Sex als Einschlafhilfe zu nutzen, ist okay. Vor einer WM-Partie ist eine Limitierung ratsam, also keine Ausdauerleistung."

Paasch pflichtet bei: "Wenn man seine Frau oder Freundin lieb hat und alles ganz normal läuft, dann ist auch alles gut." Ein oder zwei Stunden vor dem Spiel sei Sex allerdings nicht ratsam. Aus psychologischer Sicht positiv zu sehen: Ein intimes Zusammensein könne Stress und Nervosität abbauen.

Froböse empfiehlt: Regelmäßige Kontakte zu den Partnerinnen sollten ermöglicht werden. Weiterer Tipp des Fitness-Experten: "Sex einfach ins Trainingsprogramm einbauen." Eine gewisse Reglementierung hält er grundsätzlich für richtig.

Hilfe gegen "Lagerkoller"

Ebenso wie etwa bei Ernährungsfragen oder Alkohol gelte auch für Sex: "Alles, was auf dem Platz negative Auswirkungen haben könnte, sollte beschränkt werden. Alles muss der Leistung untergeordnet werden, dafür werden die Nationalspieler ja auch bezahlt." Zugleich ist Froböse zufolge zu beachten: Zuneigung und körperliche Wärme könnten bei starker Anspannung Ventile sein und auch im Falle eines "Lagerkollers" helfen.

Paasch rät, den Ball in der Debatte flach zu halten. "Jeder Profisportler weiß doch selbst ganz genau, worum es geht." In der Regel reisen Familien und Frauen bei wichtigen Turnieren mit und sind in der Nähe, weiß Paasch. Froböse kritisiert, dass Sexualität im Zusammenhang mit Leistungssport noch immer ein Tabuthema sei – völlig unverständlich, wie er findet. "Viele Spitzensportler sind junge Leute, und Sex gehört zu unserer Biologie dazu." (APA, 14.6.2018)