Benjamin Vanyek und Thomas Kolle in "Die wunderbare Zerstörung des Mannes".

Foto: Stefan Hauer

Wien – Es gehört zu den Vorzügen von Martin Grubers Aktionstheater Ensemble, dass es stets den richtigen Riecher hat für Themen der unmittelbaren Gegenwart. Religiosität und die damit verbundenen Konflikte waren im Vorjahr Kern des Stücks Ich glaube; die entsolidarisierte Gesellschaft stand in Jeder gegen jeden im Zentrum; und um Angst ging es in 3 Sekunden. Mit sich wandelnden Männerrollen und -klischees befasst sich die jüngste Arbeit, die derzeit im Komostheater Wien gastiert. Sie trägt den provokanten Titel Die wunderbare Zerstörung des Mannes.

Dieser Ansage wollten viele Menschen sämtlicher Geschlechter beiwohnen, der Saal war zum Bersten voll. Die auf Theatern generell häufiger werdenden Stückentwicklungen hat Martin Gruber schon längst perfektioniert. Nur dieses Mal gelingt das leider nicht. Die Erörterung von Männlichkeitsbildern in einer bewegten Welt, in der sich sowohl Patriarchen als auch Bewegungen wie #MeToo durchsetzen, bleibt so simpel wie oberflächlich.

Eigenes Recherchematerial

Sechs Männer in weißer Feinrippwäsche unternehmen zu mechanischen Choreografien eine Selbstbefragung. So ähnlich wie Yael Ronen mit biografischem Material ihrer Schauspieler arbeitet, verwendet auch Gruber im Team Recherchiertes. Vor allem aber lagen der Arbeit, die Ende Mai bereits beim Bregenzer Frühling Uraufführung hatte, Analysedaten einer großen Umfrage zu Männerrollenbildern zugrunde.

Die "persönlichen" Bekenntnisse von Sascha, Thomas, Peter, Andreas, Fabian und Benjamin enthalten zwar jedes für sich emphatische Kraft, doch fehlt dem Abend eine dramaturgische Drehung. Denn die bloße Anhäufung von Männerklischees (sich wichtig nehmen; der schnelle Fick) samt ihrer Infragestellung (ich will ein Kind, Cheerleader-Puschel) ist trotz der Kürze von 80 Minuten zu eindimensional.

"Warum erzählst du uns das jetzt?"

Es obliegt dann – und selbst das ist ein Klischee für sich – dem einzigen schwulen Mann der Runde, Benjamin, den Widerpart einzunehmen. Im genervten Tonfall resümiert er immer wieder bitterböse: "Und warum erzählst du uns das jetzt?!" Eine berechtigte Frage, die als Selbstverteidigung gedacht ist, aber auch offenbart, dass es sich Martin Gruber hier doch zu leicht gemacht hat.

So fantastisch der Livegesang von Nadine Abado die forschende Not des Abends in Musik übersetzte, so rätselhaft blieben auch die Videobilder von Claudia Virginia: Rottweiler, überblendet mit blutenden Schmetterlingen. (Margarete Affenzeller, 15.6.2018)