Bei Kika/Leiner geht es schon seit einigen Jahren turbulent zu.

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Immobilieninvestor René Benko tritt als potenzieller Käufer von Kika/Leiner auf.

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Dass es um Kika/Leiner nicht besonders gut bestellt ist, kann angesichts der seit dem Vorjahr währenden Turbulenzen rund um die Muttergesellschaft Steinhoff nicht gerade als Geheimnis bezeichnet werden. Doch die Dramatik, die in den letzten Tagen ausbrach, war dann doch für viele eine Überraschung: Nicht mehr und nicht weniger als das Überleben der Möbelhandelskette stand zur Debatte.

Die Dramatik der Ereignisse im Zeitraffer: Die in Johannesburg und in London an der Börse notierte Steinhoff-Gruppe sorgt im Dezember für Aufregung, als der Kurs nach Gerüchten über Bilanzmanipulationen um 90 Prozent einbricht. Die Schulden sind deutlich höher als in den Bilanzen ausgewiesen, verschiedene Vermögenswerte nicht nachhaltig, lautet der Tenor. Steinhoff muss abverkaufen, weil die Gläubiger nervös werden.

Es dauert nicht lange, da erfasst die Krise auch Kika/Leiner. Die heimische Nummer zwei hinter XXXLutz ist 2013 von der Familie Koch an die Südafrikaner verkauft worden. Das Unternehmen hatte damals schon Schwierigkeiten, doch mit dem starken neuen Eigentümer im Rücken sollten diese bewältigbar sein. Dachte man.

Mit Verkauf über die Runden kommen

Kaum ist Steinhoff ernsthaft gefährdet, gerät auch Kika/Leiner ins Blickfeld. Erst hofft das von Gunnar George geführte Unternehmen, mit dem Verkauf des Leiner-Flagship-Store auf der Wiener Mariahilfer Straße an René Benko und einer nicht allzu einschneidenden Restrukturierung über die Runden zu kommen. Doch die anhaltenden Probleme bei Steinhoff, auf deren Liquiditätshilfen die Österreicher angewiesen sind, lassen die 5000 Mitarbeiter nicht zur Ruhe kommen.

Als die Kreditversicherer vor zwei Wochen die Lieferanten nicht mehr absichern, ist erneut Feuer am Dach. Weil Kika/Leiner Zuschüsse benötigt, die Mutter aber selbst brustschwach ist, geistert zusehends das Schreckgespenst einer Insolvenz durch die Branche. Mit Ulla Reisch wird vorsorglich eine Expertin konsultiert, die mit Niki die heuer größte Pleite als Masseverwalterin abgewickelt hat. Am Donnerstag stehen dann plötzlich nur noch zwei Optionen zur Verfügung: Verkauf von Kika/Leiner oder Insolvenz. Als potenzieller Käufer tritt René Benko bzw. die von ihm aufgebaute Signa-Gruppe auf.

500 Millionen Euro geboten

Dabei bietet der Immobilientycoon nicht nur für die Standorte, sondern auch für das operative Handelsgeschäft. Knapp 500 Millionen Euro will der Tiroler hinblättern. Für Steinhoff ist die Sache rasch geritzt: Vorstand und Aufsichtsrat willigen ein. Doch die Gläubiger von der Lösung zu überzeugen gestaltet sich schwierig. Das Gros der Verbindlichkeiten in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro ist von den finanzierenden Banken längst an Hedgefonds und Vermögensverwalter weitergereicht. Steinhoff hat nun mit Gesellschaften wie Attestor Capital, Centerbridge Partners oder Silver Point Capital Management zu tun.

Sie sind wichtige Inhaber von Anleihen und haben einem Stillhalteabkommen zugestimmt, verzichten also vorübergehend auf Zinsen und Rückzahlung. Dafür dürfen sie bei großen Transaktionen mitreden. Gelangen die Fonds und verbliebenen Banken zur Auffassung, dass sie für Kika/Leiner bei einer Insolvenz mehr herausschlagen können als bei einem Verkauf an Signa, zögern sie keine Sekunde. Und senken den Daumen. Über all das wurde am Donnerstag intensiv beraten. Eine Entscheidung war bis Redaktionsschluss offen.

Immobilien und mehr

Signa jedenfalls hat mit der Offerte erneut bewiesen, dass der Konzern längst der reinen Immobilienentwicklung entwachsen ist. Schon nach dem Kauf der Karstadt-Warenhäuser hat Benko gezeigt, dass es ihm nicht (nur) um die Häuser, sondern um den Handel geht. Dass er auch für Kaufhof schon dreimal – zuletzt drei Milliarden Euro – geboten hat, verdeutlicht das Interesse am Innenleben der Immobilien. Geld für Kika/Leiner ist ausreichend vorhanden. Zehn Milliarden sind die Signa-Immobilien wert, die Investoren stehen angesichts der starken Performance Schlange. (Andreas Schnauder, 14.6.2018)