Wenn er mit Journalisten spricht, trägt Paul Kogelnig ein rosa Kapperl. Der Tiroler Unternehmer schraubt in Wattens Gastrofahrräder zusammen. Besonders beliebt sind die Modelle für den Verkauf von Eis, Hot Dogs und Crêpes. Nur der Bierverkauf lohnt sich mit dem Bike von Paul & Ernst nicht.

Foto: Aloysius Widmann

Vor fünf Jahren wollten Paul Kogelnig und Ernst Stockinger im Wiener Museumsquartier Bioessen verkaufen. Und das auf einem nachhaltigen Gerät, einem Fahrrad. Nur: So ein Gastrorad gab es damals nicht. Die Tiroler mussten selbst eines zusammenschrauben, um mobile Gastronomen zu werden. Geworden sind die beiden letztlich aber nicht Gastronomen, sondern Fahrradhersteller. Die klobigen Gefährte von Paul & Ernst sehen aus wie umgekehrte Rikschas: vorn zwei Räder, hinten unter dem Sattel eins. Die ausklappbare Box aus Metall und Holz transportiert keine Fahrgäste, sondern was der Magen der Kunden begehrt – Eis, Würsteln, Crêpe-Teig, Steaks oder Getränke.

Was genau, das entscheidet der Käufer. Paul & Ernst statten das Rad so aus, dass aus den Zutaten überall eine Speise gezaubert werden kann, egal ob das Rad auf der Donauinsel, in einem Gastgarten oder auf einem öffentlichen Platz steht. Ein Kühlschrank gehört zum Grundequipment. Die restliche Ausrüstung variiert von Eiswannen über eine Grillplatte bis zum Induktionsherd. Auch das Design wählt der Käufer.

Bierverkauf lohnt sich nicht

2018 wollen Paul & Ernst rund 100 Dreiräder produzieren. Bei Preisen wie bei Kleinwagen ergibt das ein Umsatzziel von rund einer Million Euro. Verkaufsschlager sind dabei Räder für Eis, Crêpes und Hot Dogs. Damit können die Käufer am meisten Gewinn machen: Die Zutaten nehmen wenig Platz ein, die Margen pro Portion sind hoch. "Bierräder produzieren wir gar nicht mehr, weil es sich für die Käufer finanziell nicht lohnt", sagt Kogelnig. "Auf dem Rad haben zu wenige Fässer Platz, die Preise pro Liter sind zu niedrig."

Den Gründern geht es bei ihren Rädern nicht um größtmögliche technische Finesse. Die Gefährte sollen vor allem praktisch und leistbar sein.

"Unsere Radln sind wie Steyr-Traktoren", sagt Kogelnig. Sie müssten nicht die ausgefallensten technischen Details haben, sondern gut funktionieren. "Niemand wird mit unseren Bikes eine Radtour machen", weiß der gelernte Designer, der nach dem Studium in Italien für große Luxusmarken gearbeitet hat. "Man stellt das Radl irgendwohin, wo Leute sind, und verkauft da."

Schwierig, Lieferanten zu finden

Um ein gutes Produkt liefern zu können, braucht es die richtigen Lieferanten, erklärt Kogelnig. Diese zu finden war nicht einfach. Und in Österreich mitunter unmöglich. Den Stahlrahmen lassen die Tiroler in China produzieren. "Europäische Unternehmen wollen kleine Losgrößen nicht herstellen", erzählt Kogelnig. "Unser chinesischer Partner, ein klassisches Familienunternehmen, ist da unkomplizierter." Seriell produzierte Komponenten wie Batterien beziehen Paul & Ernst aus München, Brescia und Wörgl.

Je nachdem ob er gerade Personalentscheidungen trifft, Finanzfragen klärt, Einzelteile bestellt oder zusammenschraubt: "Ich habe ein eigenes Kapperl für jede Rolle im Betrieb", scherzt der Unternehmer. "Das meiste mache ich selbst." Sein Partner Ernst Stockinger, ursprünglich Architekt, leitet von Wien aus den Verkauf. Kogelnig ist für die Produktion nach Tirol gezogen.

Neuling in Personalfragen

In einer alten Lodenfabrik in Wattens baut er seine dreirädrigen Gefährte. Wenn gerade viel zu tun ist, hilft Vater Kogelnig mit. Genauso wie ein paar feste Mitarbeiter. Die auszuwählen war nicht immer einfach, erzählt Kogelnig. Man habe immer wieder Mitarbeiter gehabt, die Fehler verschwiegen oder nicht kundenorientiert gearbeitet haben. Als Neuling in Personalfragen haben die Gründer viel gelernt. "Wenn das Unternehmen erfolgreich ist, liegt das an den Mitarbeitern", weiß Kogelnig. "Wichtig dabei sind Hausverstand und ein gesundes Wertesystem."

Und dass die Angestellten von ihrem Einkommen auch leben und eine Familie haben können. "Dann verdiene ich halt in manchen Monaten weniger als meine Mitarbeiter", sagt Kogelnig. (Aloysius Widmann, 15.6.2018)