Eine Sternstunde des österreichischen Parlamentarismus gilt es zu feiern. In unzivilisierten Volksvertretungen hätte es vielleicht ein paar Watschen oder eine zünftige Prügelei gesetzt, in Österreich blieb es bei einem geistreichen verbalen Florettgefecht. Die Rede ist natürlich von der Rede der Abgeordneten Alma Zadic (Liste Pilz) respektive dem amüsanten Widerhall, den sie aus dem Plenarsaal erfuhr.

Dabei gab es böse Zungen, die behaupteten, sie hätten sich bei den Zwischenrufen von diversen türkisen und blauen Abgeordneten an die jährliche Hauptversammlung der Selbsthilfegruppe Tourette erinnert gefühlt. Wieder einmal rot-grüne Miesmacherei, Defätismus von Leuten, die auch nicht davor zurückscheuen würden, sich von den Pferdepolizeiplänen des Herrenreiters in der Herrengasse veräppelt zu fühlen.

Denn der türkise Johann Rädler ("Sie sind hier nicht in Bosnien!") und der blaue Wolfgang Zanger ("Alma, bei mir bist du sicher!") hätten ja auch "Hoid di Pappn, Zuagraste" sagen können. Taten sie aber nicht, weil sie als Volksvertreter Wert auf sprachliche Eleganz legen. Und, wie die FPÖ-Parlamentarier bei ihrem Pro-Ceta-Votum am Mittwoch betonten, auch auf "staatspolitische Verantwortung"!

Es wird zu zimperlich gesprochen

Fazit: Im Hohen Haus wird in Wahrheit zu zimperlich gesprochen, in Sachen robuste Rhetorik ist noch Luft nach oben. Was also tun? Gut wären Kurse, in denen Volksvertreter lernen, ihre fade Façon de parler mit hochangereicherten Unterstellungen, Beleidigungen und Beschimpfungen waffenfähig zu machen und so für mehr Animo im Plenarsaal zu sorgen. Wer erinnert sich nicht an den Satz "Hoids amoi di Goschn do unten!", mit dem NR-Präsident Anton Benya einst die Linie vorgab?

Ein legendärer Lehrmeister für verschärften Parlamentarismus ist natürlich auch der unvergessene deutsche Sozialdemokrat Herbert Wehner. Er titulierte den CDU-Mann Jürgen Wohlrabe als "Übelkrähe"; forderte einen anderen CDU-Abgeordneten zu mehr Hygiene auf ("Waschen Sie sich erst einmal! Sie sehen ungewaschen aus!"); nannte die Christdemokraten einen "nihilistischen Pöbelhaufen" usw.

Mit solchen Wortmeldungen erreicht man zuverlässig, dass es im Hohen Haus noch höher hergeht. Und wenn brachiale verbale Signale nicht ausreichen, um die Stimmung zu heben, kann man ja zur Sicherheit zusätzlich ein paar Vuvuzelas mitbringen. (Christoph Winder, 16.6.2018)