Oberbank-Boss Franz Gasselsberger: Geformt von vier modernen Frauen zu Hause, motiviert von Geschäftsnotwendigkeit und dem Zug der Zeit.

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Seit Jahresbeginn gilt die 30-prozentige Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen mit einigen Schlupflöchern und zu erreichen via entsprechende Besetzung frei werdender Mandate.

Das Thema wird beständig begleitet von Kritik, wonach für mehr Frauen in Aufsichtsgremien zuerst einmal mehr Frauen in höheren operativen Führungspositionen nötig wären, weil sich Expertise und Erfahrung sonst nicht etablieren könnten. Der Vorstand der Oberbank hat nun eine radikale Entscheidung getroffen und sich für das Institut mit über 2.030 Mitarbeitern, expansivem Filialgeschäft (aktuell 162) und einer kontinuierlichen Eigenkapitalrendite von über zehn Prozent zu einer Frauenquote in Führungspositionen von 40 Prozent bei Nachbesetzungen bis 2020 selbst verpflichtet.

STANDARD: Eine sehr kurze erste Frage: Warum?

Gasselsberger: Wir haben uns über zehn Jahre redlich mit einem Konzert von Maßnahmen und Methoden bemüht, die 60 Prozent Frauenanteil in der Belegschaft zu mehr als 20 Prozent in den Führungspositionen zu entwickeln. Es hat sich aber kaum etwas bewegt. Also konnten wir irgendwie so weitertun oder das Thema ernst nehmen und einen neuen Anlauf nehmen. Wir haben uns entschieden, zum oftmals verpönten, stigmatisierten, ideologisch besetzten Quotenwerkzeug zu greifen. Ich bin da auch über einige meiner Schatten gesprungen. Zudem steht in sechs bis neun Jahren ein Generationenwechsel bei uns in der Bank an, das ist also auch ein guter Zeitpunkt. Es muss uns hier Entscheidendes gelingen. Das ist eines meiner beruflichen Lebensziele.

STANDARD: Sie rechnen aber nicht mit einem Quick Win?

Gasselsberger: Der Plan ist, in fünf bis sieben Jahren nachhaltig Veränderungen etabliert zu haben. Das ist auch eine der größten Kulturveränderungen dieser Bank. Allein die Festlegung reicht ja nicht, es ist die Organisation zu öffnen. Es bedarf einer massiven Verhaltensänderung. Ich glaube fest daran, dass es nur so geht: das eigene Verhalten ändern, um das der anderen zu ändern. Nur so lässt sich der gordische Knoten lösen.

STANDARD: Ein Rollout über die gesamte Organisation?

Gasselsberger: Regional und lokal, je nach Abteilung angepasst – aber der Wandel erstreckt sich vom Recruitingprozess bis zu unseren internen Ausschreibungen für Führungspositionen. Es gibt ja oft das Killerargument, dass Frauen zögern, sich nicht wirklich trauen – dann braucht es eben eine andere Herangehensweise, vielleicht ein anderes Tempo. Wir lassen uns im gesamten Prozess auch extern professionell begleiten.

STANDARD: Sie rechnen mit Widerständen?

Gasselsberger: Ja sicher. Einmal mehr, einmal weniger, dort und da gar nicht. Es muss uns gelingen, etwa die Angst vor Babypausen zu nehmen, damit wir insgesamt zu einer Kultur des Pausemachens kommen. Das Thema wird auch einen prominenten Platz in der Zielvereinbarung einnehmen. Ich möchte, dass diese Organisation durchlässiger wird – ohne unkonventionelle Maßnahmen wird das nicht gelingen, das haben die vergangenen zehn Jahre gezeigt. Es geht darum, die Bank nach vorn zu bringen. Und einen höheren Frauenanteil in führenden Positionen zu haben gehört dazu. Außerdem ist das der Zug der Zeit und entspricht auch mehr unserer Kundenstruktur.

STANDARD: Sie klingen erfolgssicher ...

Gasselsberger: Meine Stärke ist Konsequenz. Dieses Thema wird meine Organisation nicht mehr los. Wir haben ja auch viel Vorarbeit geleistet mit unseren vielen Maßnahmen und Programmen, das Thema fällt bei uns nicht einfach nur vom Himmel.

STANDARD: Noch einmal zurück zu Ihren Schatten, über die Sie gesprungen sind – welche?

Gasselsberger: Es gab eine Verständigung darüber, dass die Quote schlecht ist, weil es ja um "die Besten" gehe, nicht um das Geschlecht. Das hat sich als Scheinargument erwiesen, denn "die Besten" waren eigentlich fast immer Männer, das kann nicht sein, da muss man eingreifen. Ich habe da sicher selbst einen Wandel durchgemacht. Sie dürfen nicht vergessen: Ich habe vier moderne Frauen in meiner Familie, meine drei Töchter haben mich da auch gefordert und geformt. (Karin Bauer, 16.6.2018)