Rüsselsheim – Belote und Schnapsen mit den Doppeldeutschen: Es hat fast ein Jahr gedauert, bis PSA (Peugeot, Citroën, DS) ihre Karten zusammengeworfen und neu gemischt haben. Herausgekommen ist ein neues Pokerspiel, dessen Name: europäischer Champion.

Typisch deutsch

Wie Opel künftig positioniert sein wird und welche Rolle im Konzernverbund der nunmehr fünf Marken (Opel und Vauxhall gehören seit August '17 zu PSA) den Rüsselsheimern zugedacht ist, das wurde jetzt auf einem Techniktag skizziert. Kernaussage, glaubhaft versichert, es wird aber noch zu beweisen sein (beim Pokern will man sehen): Opel wird keine vierte französische Marke, sondern eine dezidiert deutsche, ja: Dieser Charakter soll nach dem Willen von Konzernlenker Carlos Tavares sogar massiv gestärkt werden. Wohl auch, um Berührungseffekte und Kannibalisierung zu vermeiden. Wie das funktionieren soll? Über klares, "stolzes" Design und spezifische technische Inhalte, also "typisch deutsche Ingenieurskompetenz".

HydroGen: Bei GM hat Opel über 20 Jahre profunde Erfahrungen mit der Wasserstoff-Brennstoffzelle gesammelt. Das verhilft Rüsselsheim jetzt bei diesem Thema zu konzernweiter Kompetenz.
Foto: Andreas Stockinger

Opel-Chef Michael Lohscheller zufolge entstehe aus dem Aufeinandertreffen beider Philosophien neue Stärke, laut Zukunftsplan Pace! soll man bis 2020 profitabel sein und ab 2026 dann sechs Prozent operative Marge einfahren.

Dazu werden nun auch globale Märkte erschlossen, die Opel unter GM-Ägide verwehrt waren, und da kommen wir zu den Kompetenzzentren im PSA-Verbund. 15 davon konnte sich Rüsselsheim sichern, unter anderem die Konzernkompetenz für Sitzsysteme, leichte Nutzfahrzeuge, bei der Wasserstoff-Brennstoffzelle – die Rüsselsheimer haben da seit über 20 Jahren Erfahrung – und der Entwicklung von Fahrzeugen und Antrieben für den US-Markt. Auch die Wettbewerbsfähigkeit aller deutschen Standorte und von Aspern in Wien (Getriebefertigung) soll gestärkt werden.

Effizienzsprung

Wie? Vor allem durch deutlich reduzierte Komplexität und daraus resultierende Skaleneffekte. So gibt es im gesamten PSA-Konzern nur noch zwei modulare Plattformen – eine kleine (CMP), eine große (EMP2) -, bisher waren es für Opel neun. Ein echter Effizienzsprung, schließlich entfallen rund 60 Prozent der Materialkosten eines Autos auf Plattformumfänge. Eine ähnliche Straffung gibt es bei den Motorenfamilien.

Der neue Corsa kommt 2019 auf der kleinen PSA-Plattform namens CMP – 2020 auch als E-Mobil.
Foto: Andreas Stockinger

Auf diese Weise konnten beim 2019 startenden Corsa 50 Prozent Entwicklungskosten gespart werden (die beim Vorgänger waren allerdings exorbitant hoch). Und wenn 2020 der Elektro-Corsa folgt, ist damit eine weitere Perspektive angerissen: Bis 2024 werden alle PSA-Modelle mehr (batterieelektrische Autos) oder weniger (Mild-Hybrid, Plug-in) elektrifiziert sein, folglich auch bei Opel. Da passt der Blitz dann optimal.

Sonst noch was? Designchef Friedhelm Engler freut sich auf viel mehr Freiraum als bei GM. Auf die Möglichkeit, seine Vorstellung von deutschem Design in der Tradition von Dieter Rams umsetzen zu können. Opel wird Braun ... Und trotz Zweckoptimismus beim Techniktag: Die hatten schon schlechtere Karten. (Andreas Stockinger, 1.7.2018)