Jetzt wird Signa einmal Standorte und Strategie von Kika/Leiner analysieren. Das Zwei-Marken-System wird von Experten kritisch gesehen, weil dadurch die Kräfte gesplittet werden.

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Das ist nicht alltäglich. Da schnappt sich ein nicht über jeden Zweifel erhabener Immobilieninvestor die zweitgrößte Möbelhandelskette des Landes, und von allen Seiten wird applaudiert. Mitarbeiter, Lieferanten, die Politik, selbst die Konkurrenz ist voll des Lobes für René Benko, der Kika/Leiner um 500 Millionen Euro erwirbt und mit weiteren 100 Millionen das Kapital aufmöbelt. Ein unterlegener Interessent etwa meint, man müsse "neidlos anerkennen, dass Benko die beste Lösung präsentiert hat".

Zuletzt war noch die Grazer Supernova-Gruppe in der Endauswahl, die dutzende Fachmarktzentren und Einkaufshäuser in Österreich und Südosteuropa betreibt und einen beachtlichen Teil der Baumax-Filialen erworben hat. Das vom deutschen ÖVP-Spender Frank Albert aufgebaute Unternehmen soll schon seit Monaten mit Kika/Leiner in Kontakt gewesen sein – letztlich vergeblich. Spekuliert wurde, dass Supernova mit dem Branchenprimus XXXLutz verbandelt sei, der Welser Möbelriese die Übernahme vorfinanziert hätte. Das wurde am Freitag weder bestätigt noch dementiert. Auch bei Baumax trat Supernova als Bieter auf, nachdem es mit Obi schon Vereinbarungen über den Betrieb der Märkte gegeben hatte.

Schnee von gestern

XXXLutz soll auch bei anderen Interessenten angeklopft und sich als verdeckter Käufer im Hintergrund angedient haben, beispielsweise über ein Vehikel des Investmentbankers Thomas Marsoner, der gemeinsam mit einem früheren Kika-Manager angetreten ist. Doch das ist jetzt ohnehin Schnee von gestern. Bei der angeschlagenen Kika/Leiner-Mutter Steinhoff soll man nicht allzu sehr vom Supernova-Angebot angetan gewesen sein, hört man von Involvierten: "schlecht vorbereitet, keine gesicherte Finanzierung", lautet die Bewertung. Für den deutsch-südafrikanischen Konzern hat Vorstandsmitglied Theodore de Klerk die Verhandlungen geführt, unterstützt wurde er vom Wiener Anwalt Markus Fellner.

Schon Donnerstagfrüh war klar: Benkos Signa-Gruppe soll es richten. Mit dem Kaufpreis für die Immobilien und einer Kapitalerhöhung von 100 Millionen für das Handelsgeschäft gab sich Steinhoff zufrieden. Doch das war nur die halbe Miete. Der Deal hing ganz entscheidend von der Zustimmung der Gläubiger ab. Und die sind bei Steinhoff nicht wie üblich Kommerzbanken. Die Geldinstitute haben sich nämlich seit Ausbruch der Krise Ende 2017 zusehends von ihren Krediten getrennt. Mit Abschlägen aufgekauft wurden die Forderungen von jenen Fonds, die manchmal etwas despektierlich als Heuschrecken bezeichnet werden.

Unter ihnen befinden sich Größen wie der Beteiligungsfonds KKR (Kohlberg Kravis Roberts), der mit Übernahmen wie RJR Nabisco Schlagzeilen produzierte. Ein weiterer Gläubiger heißt Blue Mountain Capital – ein Fonds, der in der Affäre "London Whale" von milliardenschweren Fehlspekulationen der US-Bank JPMorgan profitierte. Auch Farallon Capital hat Steinhoff-Forderungen erworben – eine Gesellschaft, die sich als Vermögensverwalter von Universitäten wie Yale einen Namen gemacht hat. TPG wiederum ist für Investments in bekannte Marken bekannt, beispielsweise in Bally oder die Hollywoodstudios Metro-Goldwyn-Mayer.

Immobilien-Verwertung

Für Steinhoff-Vertreter de Klerk machte die Konstellation die Verhandlung nicht leichter. "Denen geht es nur um die Verwertung der Immobilien, die Jobs sind ihnen egal", ärgerte sich ein Regierungsmitglied, das sich über den Verhandlungsstand informieren ließ. Tatsächlich wurde die Rettung von Kika/Leiner noch zur Zitterpartie. Eigentlich sollte der Verkauf an Benko am frühen Nachmittag durch sein, doch die Erlösung ließ bis gegen 21 Uhr auf sich warten. Die Fonds hatten immer wieder die Alternative Insolvenz ins Spiel gebracht, bei der sie Zugriff auf die 70 Kika/Leiner-Standorte in Österreich und Osteuropa erhalten würden. Die könnten mehr einbringen als Signas Angebot, lautete die offene Drohung.

Letztlich stimmten die Gläubiger zu. Benko wird sich jetzt Zeit lassen, um die Standorte zu analysieren. Denn eines ist klar: Ohne Restrukturierung wird auch Signa Kika/Leiner nicht aus der Verlustzone führen. (Andreas Schnauder, 15.6.2018)