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Horst Seehofer will Angela Merkel nicht stürzen.

Foto: AP/Markus Schreiber

Berlin –Der unionsinterne Streit über die Flüchtlingspolitik in Deutschland soll nach dem Willen von CSU-Chef Horst Seehofer weder die Regierungskoalition sprengen noch die Kanzlerin stürzen. Der deutsche Innenminister sagte "Bild am Sonntag": "Niemand in der CSU hat Interesse, die Kanzlerin zu stürzen, die CDU/CSU-Fraktionsgemeinschaft aufzulösen oder die Koalition zu sprengen. Wir wollen endlich eine zukunftsfähige Lösung für die Zurückweisung von Flüchtlingen an unseren Grenzen."

Etwas anders soll sich Seehofer laut der "Welt am Sonntag" am Donnerstagmorgen in einer Parteirunde geäußert haben: "Ich kann mit der Frau nicht mehr arbeiten", soll sich der Innenminister zur Zusammenarbeit mit Merkel geäußert haben.

CSU rechnet mit Zurückweisungen

Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geht davon aus, dass die Asylpläne von Innenminister Horst Seehofer mit den Zurückweisungen von Migranten an deutschen Grenzen Anfang kommender Woche in Kraft tritt. "So habe ich das verstanden", sagte Scheuer der "Welt am Sonntag" laut Vorausbericht auf die Frage, ob Seehofer sein Konzept Anfang kommender Woche vorstellen und umsetzen werde.

Der CSU gehe es nicht darum, ein Ende der gemeinsamen Unionsfraktion im Bundestag oder der Regierungskoalition zu provozieren. "Wir wollen keinen Bruch, wir wollen eine Einigung."

Die CSU wolle Einigkeit innerhalb der Union, aber sie wolle auch "Haltung und Handlung". Es müsse in Ordnung gebracht werden, was seit Jahren nicht richtig laufe, sagte er mit Blick auf die Flüchtlingspolitik. Die CSU reagiere mit dem sogenannten Masterplan auf die Stimmung in der Bevölkerung. Mit dem Landtagswahlkampf in Bayern habe der Streit nichts zu tun.

Kein Alleingang

Von einem deutschen Alleingang könne keine Rede sein, sagte Scheuer weiter. Schließlich nehme Deutschland mehr Flüchtlinge als alle anderen EU-Mitgliedstaaten zusammen auf. "Wir sind gerecht, humanitär, christlich. Aber Deutschland kann das Flüchtlingsproblem nicht allein schultern." Deutschland bleibe daher keine Alternative zu Zurückweisungen. "Die Staatsgewalt muss das Staatsvolk und das Staatsgebiet schützen." Geltende Rechtslage in der EU sei: "Wenn unsere Behörden feststellen, dass eine Person bereits in einem anderen EU-Land registriert ist, dann müssen unsere Nachbarländer diesen Menschen wieder aufnehmen."

CDU erwartet Kompromiss

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer erwartet im deutschen Asylstreit mit der CSU einen Kompromiss. Sie sei überzeugt, dass sich die CSU funktionierenden Vereinbarungen nicht verschließen werde, sagte Kramp-Karrenbauer der "Bild am Sonntag" laut Vorausbericht. "Unsere Hand zur CSU bleibt ausgestreckt."

Beide Parteien hätten das gemeinsame Ziel, dass weniger Menschen über die Grenze nach Deutschland kämen, sagte sie. "Wir sind uns einig, dass diejenigen, die woanders Asyl beantragt haben, gar nicht erst ins Land gelangen sollen." Das solle auf der Grundlage der Vereinbarungen mit betroffenen Ländern wie Italien, Griechenland und Bulgarien erreicht werden. "Ein nationaler Alleingang kann unsere Verhandlungsposition schwächen und möglicherweise Auswirkungen auf anderen Feldern haben, zum Beispiel beim Euro", warnte Kramp-Karrenbauer.

Die Forderung von CSU-Politikern, Asylbewerber an der Grenze abzuweisen, lehnte Kramp-Karrenbauer ab. "Die haben nach geltender Rechtslage einen Anspruch darauf, dass geklärt wird, welches europäische Land für sie zuständig ist."

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bereit, diejenigen zurückzuweisen, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde. Zudem sollen auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen Zurückweisungen von Menschen möglich werden, die einen Asylantrag in einem anderen europäischen Land gestellt haben. Dazu hat sich Merkel zwei Wochen Zeit bis zum nächsten EU-Gipfel erbeten. Die CSU dagegen will auf ihrer Vorstandssitzung am Montag beraten, ob sie Seehofer grünes Licht für einen Alleingang gibt, damit er in seiner Ressortzuständigkeit die Zurückweisungen an den Grenzen verhängt.

Kein Treffen zu Flüchtlingen

Die deutsche Bundesregierung hat einen Bericht dementiert, wonach Merkel einen EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik plant. "Es ist kein EU-Sondergipfel geplant", sagte ein Regierungssprecher am Sonntag. Die Einberufung eines solchen Sondergipfels wäre ohnehin Angelegenheit der EU-Institutionen.

"Selbstverständlich ist, dass die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Gespräche mit unterschiedlichen Mitgliedstaaten und der Kommission führt", fügte der Sprecher hinzu. (APA, Reuters, 17.6.2018)