Das Verhältnis zwischen Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und Chinas Präsident Xi Jinping bessert sich. Peking will Pjöngjang helfen, die UN-Sanktionen zu lockern.

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Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un gratulierte zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt Chinas Präsident Xi Jinping zu dessen Geburtstag. Am Freitag wurde der Staatschef 65 Jahre alt. In seiner Glückwunschpost wünschte Kim "Gesundheit und Glück für die Familie." Er lobte auch, wie Nordkoreas Nachrichtenagentur KCNA am Tag darauf meldete, die neue Nähe zwischen beiden, die wieder entstandene "besondere Freundschaft und das Vertrauen unter Genossen".

Stärker als über Grüße und Blumen aus Nordkorea dürfte sich Xi über die Ergebnisse des Singapur-Treffens zwischen Kim und US-Präsident Donald Trump gefreut haben, weil sie China wie ein geostrategisches Geschenk zu Gute kommen. Peking macht nun Anstalten, aus der UN-Sanktionsfront auszuscheren, um das Regime Kim zu belohnen. Jüngstes Anzeichen dafür war die Reaktion von Außenminister Wang Yi auf einer Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes.

Nach dem Treffen mit seinem US-Kollegen Mike Pompeo wollte ein mitreisender US-Journalist von Wang wissen, wie strikt Chinas Regierung an den UN-Sanktionen gegen Nordkoreas Nuklearrüstung noch festhalte. Pompeo hatte zuvor gesagt, dass die Volksrepublik genauso wie Südkorea und Japan "mit uns übereinstimmen, dass alle Sanktionen in Kraft bleiben, bis Nordkorea seine Denuklearisierung tatsächlich abgeschlossen hat".

Der Reporter fragte konkret nach, ob das so stimme. Wang wich der Frage aus. Er sagte nur, dass Peking und Washington mehr an Nordkoreas Sicherheitsinteressen denken und einen Friedensprozess mit Pjöngjang aushandeln sollten. China sei bereit, seine "konstruktive Rolle weiterzuspielen, auch bei den kommenden Verhandlungen zur Denuklearisierung Koreas".

"Ermutigungen" in Richtung Pjöngjang gefordert

Tatsächlich drängt Peking darauf, die Sanktionen gegen Nordkorea aufzuweichen. Das lässt sich seit zwei Monaten nicht nur am wieder Schwung fassenden Handel an Chinas Grenzen beobachten. Auch führende Parteiblätter wie die "Global Times" forderten Washington auf, die Sanktionen zu lockern. Schließlich teste Nordkorea keine Raketen und Atomwaffen mehr und habe damit eine Vorleistung für seine Atomwaffen-Abrüstung erbracht. Laut Außenministerium müsse Nordkorea auch über die Sanktionspolitik "ermutigt" werden, weitere Schritte in Richtung Denuklearisierung zu unternehmen.

Pompeo, der als Emissär des US-Präsidenten Südkorea, Japan und China über die Gipfelergebnisse von Singapur unterrichtete, traf auch mit Staatschef Xi Jinping zusammen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Xinhua sagte Xi bei dem Gespräch, die Situation auf der koreanischen Halbinsel "ist komplex und muss Schritt für Schritt gelöst werden". Von striktem Festhalten an den Sanktionen war öffentlich keine Rede mehr.

USA sehen "wichtigen Beitrag" Chinas

Sechs-Parteien-Gespräche, Schritt-für-Schritt-Lösungen gehören zur hinreichend bekannten Hinhaltetaktik Chinas im Umgang mit Nordkorea, die einst dem Kim-Regime die Zeit verschaffte, zur Atommacht zu werden. Dennoch bedankten sich Trump und Pompeo mehrfach für Chinas "wichtigen Beitrag" zur Lösung der Koreakrise.

Noch vor wenigen Wochen musste Peking noch befürchten, in die Rolle eines Zaungastes abgedrängt zu werden, während Nord- und Südkorea mit den USA untereinander ausmauscheln würden, wie sie die Atomkrise managen. Doch inzwischen gibt China wieder den Ton an, nach zwei Treffen seines Präsidenten Xi mit Nordkoreas Machthaber Kim und nach dem Gipfel Nordkoreas und den USA am vergangenen Dienstag. Dort war Trump als Vorleistung bereit, eine Reihe von US-Asientrümpfen zur Disposition zu stellen.

Propaganda-Ausdrücke übernommen

Sein wichtigstes Zugeständnis war, die jährlichen US-Militärmanöver mit Südkorea zu beenden. Peking wertete es sofort als Erfolg seines Doppel-Vorschlags, die Atom- und Raketentests Nordkoreas wie auch die US-Manöver mit Südkorea zu stoppen. Zumal Trump zur Begründung auch noch Wörter der nordkoreanischen und chinesischen Propaganda übernahm. Die Manöver seien "Kriegsspiele", die "provozieren". Zudem dachte er öffentlich darüber nach, wann er die in Südkorea stationierten US-Schutzsoldaten wieder "nach Hause bringen" kann. Seit Jahrzehnten verlangte Peking erfolglos den Abzug der US-Truppen aus Südkorea und Japan. Trump schlug zudem vor, China an einem Vierergipfel mit den USA, Nord- und Südkorea zu beteiligen, um zu einem innerkoreanischen Friedensvertrag zu kommen.

Selbstbewusst schickt sich die so stark hofierte Volksrepublik an, nun ihre strategischen Interessen durchzusetzen, um vor allem die USA aus ihrer Nachbarschaft zu verdrängen. Diese hatten einst unter der "Pivot"-Politik von Amtsvorgänger Barack Obama in Asien-Pazifik wieder Flagge gezeigt, was alle Anrainer-Staaten begrüßten. Seit Trumps Amtsantritt bremsen sich die USA selbst wieder aus. Das begann mit dem Ausstieg aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP), einem Pakt gegen Chinas Wirtschaftsexpansion in Asien-Pazifik.

Auch Trumps Eigenlob, er habe die "nukleare Gefahr" Nordkoreas gebannt, kommt Peking wie gerufen. Nach dieser Logik wäre das gegen Nordkorea aufgebaute US-Raketen-Abwehrsystem THAAD überflüssig. Peking hatte protestiert, als es 2016 in Südkorea aufgestellt wurde, weil es mit seinen Radaranlagen auch Chinas strategische Raketen überwachen könnte.

Inselstreit bleibt Thema

Immerhin scheint sich Washington nicht völlig aus dem asiatisch-pazifischen Raum verabschieden zu wollen. Pompeo nannte auf seiner Pressekonferenz als kritischen Punkt für das US-Verhältnis zu China die jüngste Militarisierung der künstlich aufgeschütteten Inseln im südchinesischen Meer: "Sie gefährdet den freien Handel, bedroht die Souveränität anderer Nationen und unterminiert die regionale Stabilität."

Das wird Peking freilich ebenso wenig abhalten, wie die von Trump am Wochenende gegen China verhängten Strafzölle, um in seinem Einflussgebiet weiter aufzutrumpfen. Mit einem China erneut freundlich gesonnenen Nordkorea als Nachbarn. (Johnny Erling aus Peking, 17.6.2018)