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"Man sieht sich immer zweimal im Leben", sagte Horst Seehofer schon 2004 zu Angela Merkel.

Foto: REUTERS/Joachim Herrmann

Er könnte die Weichen allein stellen, völlig unabhängig seine Befehle erteilen und müsste auf niemanden Rücksicht nehmen – wenn er sich nur noch um seine Modelleisenbahn kümmern würde.

Schließlich wird Horst Seehofer in knapp zwei Wochen, am 4. Juli, 69 Jahre alt. Aber Chef über kleine Loks im Keller von Ingolstadt zu sein ist halt nicht annähernd so attraktiv wie der Job als Innenminister oder CSU-Chef. Da ist der heutige Montag sehr viel mehr nach dem Geschmack von Seehofer.

Ganz Deutschland wird auf ihn und seine Entscheidung schauen und so mancher sich wieder einmal fragen: Was treibt diesen Mann?

Da ist zunächst ein starker Wunsch, aufseiten der "kleinen Leute" zu stehen. Seehofer stammt aus bescheidenen Verhältnissen, der Vater war Lastwagenfahrer. Oft wurde der kleine Horst von der Mutter losgeschickt, um am Freitag den Inhalt der Lohntüte zu retten. Schläge gehörten daheim dazu.

Seehofer, der "Erfahrungsjurist"

Weggefährten orten bei ihm auch einen ausgeprägten Willen, der sich am besten mit den Worten "Denen da oben zeige ich es allen" beschreiben lässt. Seehofer hat einen Abschluss als Verwaltungsbetriebswirt, Abitur und akademischer Grad fehlen ihm. Er selbst nennt sich "Erfahrungsjurist", was so viel heißt wie: Hausverstand, gepaart mit einem gewissen Alter, ist wichtiger als Paragrafen.

Überhaupt: Im Kosmos von Seehofer gibt es nur ein Zentrum, das ist er selbst. Seehofer gilt als beratungsresistent, spricht offen davon, politiksüchtig zu sein, und er vertraut vor allem seinem eigenen Instinkt, der ihn allerdings auch weit gebracht hat.

Er war von 1980 bis 2008 Bundestagsabgeordneter, von 1992 bis 1998 Gesundheitsminister, 2005 bis 2008 Landwirtschaftsminister, 2008 bis 2017 Ministerpräsident von Bayern.

Zerwürfnis nicht erst jetzt

Jetzt, am Ende seiner Karriere, geht es ihm darum, den Eintrag in die Geschichtsbücher zu gestalten. Er will darin nicht als jener CSU-Politiker eingehen, der an Angela Merkel scheiterte. Doch der viele Groll gegen die Kanzlerin hat sich nicht erst in der Asylpolitik aufgestaut, das Zerwürfnis fand schon viel früher statt.

2004 trat Seehofer als Fraktions-Vize im Bundestag zurück, weil er Pläne der Fraktionschefin und Oppositionsführerin für eine Kopfpauschale im Gesundheitswesen ablehnte. Das war damals Merkel. Auf sie gemünzt, zitierte Seehofer danach den Satz, dass man sich im Leben immer zweimal sehe. Und er fügte noch hinzu: "Mindestens zweimal." (Birgit Baumann, 17.6.2018)