Das sind nur Masken. Auch der Putin ist nicht echt.

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Hannes Halldorsson durfte für ein paar Minuten Lionel Messi vertreten. Wäre die 64. Minute der Partie zwischen Argentinien und dem Debütanten Island normal verlaufen, wäre natürlich Messi zum "man of the match" gewählt worden. Die Fifa schätzt Stars, Quoten, sich selbst. Der 30-jährige Argentinier hätte am Samstagabend im Pressekonferenzsaal des Moskauer Spartak-Stadions genau zwei Fragen beantwortet, so sind die Regeln. Zum Beispiel: Wie fühlt man sich als Matchwinner? Wer ist der Größte, Ronaldo oder Sie?

Aber Islands Tormann hatte den Strafstoß pariert, Endstand 1:1. Die Insel im Atlantik ist angeblich vor Begeisterung um ein paar Meter gesunken. Also sprach Halldorsson: "Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, mir sehr viele seiner Elfer angesehen. Ich wollte in seinen Kopf kommen. Dass ich gegen den besten Spieler der Welt einen Strafstoß halte, ist unglaublich." Für den Größten der Torhüterzunft hält sich der Keeper vom dänischen Verein Ran-ders FC nicht.

Messi stellte sich in der sogenannten Mixed Zone der Journaille. Journaille ist übertrieben, Platz ist nur für ein paar Auserwählte, Argentinien first. Frisch geduscht, einen Kulturbeutel, der den Wert einer Kreuzfahrt in die Antarktis übertrifft, unter dem Arm. Er wirkte kleiner, als er ist, der Vollbart hatte etwas Sanftes, er sprach leise, wirkte schüchtern und geprügelt. "Ich fühlte mich wie tot, ich übernehme natürlich die volle Verantwortung. Ohne Zweifel, der Elfmeter hätte alles verändert."

Zum Leidwesen von Widersacher Cristiano Ronaldo. Denn der 33-jährige Portugiese hatte auf der überdimensionalen WM-Bühne schamlos vorgelegt, er traf am Tag davor in Sotschi dreimal beim 3:3 gegen Spanien. CR7 wurde global abgefeiert, ein Held zum Gott erhöht, ihm wurden unmenschliche Fähigkeiten attestiert. Natürlich war er "man of the match" gewesen, die zwei Fragen stellte allerdings sicherheitshalber eine Fifa-Funktionärin.

Ronaldo kommuniziert eher über die sozialen Medien, belässt es bei Kurznachrichten, via Instagram lässt er Bilder verschicken, er ist darauf perfekt gestylt, die Sponsoren sind zufriedengestellt. Auf dem Feld ist Ronaldo nie belanglos. "Was soll ich sagen, er ist der Beste der Welt", stellte Portugals Teamchef Fernando Santos fest.

Schwierige Beziehung

Das inoffizielle Spiel gegen Messi steht 1:0. Oder 3:0. Ronaldo, der Eitelkeit und Theatralik eingesaugt hat, macht den gefestigteren Eindruck. Messi und Argentinien ist eine Beziehung noch ohne Happy-End, es fehlt der gemeinsame Titel. Er war bereits aus Frust zurückgetreten, die Staatsführung flehte ihn an umzudenken, was er tat. Nach der matten Vorstellung gegen Island spricht einiges dafür, dass der Traum geplatzt bleibt.

Bei Barcelona schaffen ihm die Mitspieler jene Freiräume, die er dringend braucht. Im Team wird er zwar gesucht, aber nicht immer gefunden. Ronaldo wird bei Real Madrid gefunden, im Team ist er auf fremde Hilfe kaum angewiesen. Er lebt den Drang zur Selbstdarstellung konsequent aus, der EM-Titel 2016 in und gegen Frankreich war die Krönung. Obwohl er im Finale verletzt ausscheiden musste. Egal, Ronaldo war klar vor Portugal Europameister, ein Flughafen wurde nach ihm benannt. Messi rannte gegen Islands Wand an, seine Freistöße, drei an der Zahl, missrieten, der Elfer missriet erst recht.

Seit zehn Jahren dominieren die zwei Ausnahmekönner den Sport, jeder wurde fünfmal Weltkicker. Der Brasilianer Kaka war es 2007, seither schauen alle anderen dumm zu. In den vergangenen sieben Jahren wurde der jeweils andere Zweiter, zuletzt hieß es zweimal Ronaldo vor Messi. Messi soll bei Barcelona 126 Millionen Euro pro Saison verdienen, Ronaldo bei Real 94, Werbegelder exklusive. Ob ihn das wurmt, weiß nicht einmal die Fifa-Funktionärin. Mit Zusatzeinnahmen dürfte er das locker wettmachen.

Steuerliche Gemeinsamkeit

Die beiden leben in eigenen Universen, eine Gemeinsamkeit ist, dass sie wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurden. 18 Millionen Euro Geldstrafe plus zwei Jahre auf Bewährung für Ronaldo, zwölf Millionen plus 21 Monate für Messi. Vielleicht ist das jeweilige Management schuld. Spielen sie Fußball, wird ihnen verziehen, sie sind ein Erlebnis, Kunst, Unterhaltung pur.

Messi leidet möglicherweise unter der Last, die ihm Diego Maradona auferlegt hat. Der war 1986 Weltmeister. Der 57-Jährige, der zu Fressattacken neigt, war im Spartak-Stadion dabei. Maradona trug Sonnenbrille, rauchte eine Zigarre, dafür entschuldigte er sich. Für ihn ist natürlich Messi besser als Ronaldo. Ronaldo macht am Mittwoch gegen Marokko weiter, Messi am Donnerstag gegen Kroatien.

"Gebenedeit sei die Mutter, die dich zu Welt gebracht hat", verlautete Ronaldos Schwester Katia Aveiro nach dem 3:3. Das ist eine Momentaufnahme. Auch Messis Mutter ist nie zu unterschätzen. (Christian Hackl aus Moskau, 17.6.2018)

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