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2013 war es wieder einmal so weit: Am Pine-Island-Gletscher brach ein riesiger Eisberg ab.

Foto: REUTERS/NASA

Bremerhaven – Mit einer Fließgeschwindigkeit von vier Kilometern pro Jahr ist der Pine-Island-Gletscher in der Westantarktis überdurchschnittlich schnell unterwegs. Da er bis zu 50 Kilometer breit ist, werden dabei gewaltige Mengen an Eis transportiert – zusammen mit seinen Nachbargletschern transportiert er jährlich mehr als 300 Gigatonnen Landeis ins Meer. Damit ist diese Region für fünf bis zehn Prozent des weltweiten Meeresspiegelanstiegs verantwortlich, berichtet das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven.

Zwei Arten des Eisverlusts

Inzwischen weiß man, dass der Gletscher permanent von unten "angenagt" wird: Warme Wassermassen, die aus dem Zirkumpolarstrom abzweigen, gelangen seit den 1940er Jahren unter den schwimmenden Teil des Pine-Island-Gletschers und schmelzen das Schelfeis von unten auf. Pro Jahr gehen so bis zu 5,3 Meter Eisdicke verloren.

Zu diesem steten Eisverlust kam in jüngster Vergangenheit aber auch ein ganz plötzlicher: 2015 brach ein gewaltiger Eisberg ab, wodurch sich die Schelfeiskante um 20 Kilometer Richtung Küste verlagerte. Insgesamt brachen dort binnen elf Jahren vier große Eisberge ab. Wie Forscher um Jan Erik Arndt vom AWI nun im Fachmagazin "The Cryosphere" berichten, lag dies daran, dass der Gletscher an entscheidenden Punkten die Bodenhaftung verloren hatte.

Ankerpunkte

Darauf kamen die AWI-Forscher, als sie auf einer Expeditionsfahrt das Relief des darunter liegenden Meeresbodens vermessen konnten. 370 Quadratkilometer jenes Meeresgebietes, das zuvor vom Schelfeis bedeckt gewesen war, konnte dabei kartiert werden.

Zum Vorschein kamen dabei ein zuvor unbekannter unterseeischer Höhenzug sowie zwei Unterwasserberge, deren Gipfel jeweils bis in eine Wassertiefe von 370 Metern und flacher hinaufragen. Ansonsten ist der Boden dort im Schnitt 800 bis 1.000 Meter tief. Auf dem Höhenzug muss das mehr als 400 Meter dicke Schelfeis des Pine-Island-Gletschers viele Jahrzehnte lang aufgelegen haben. Bis ins Jahr 2002 zurückreichende Satellitenaufnahmen bestätigten dies: Die Ergebungen unter Wasser zeichneten sich als Höcker auf der Eisoberfläche ab.

Überhöhtes Tempo und Kollision

"Ab dem Jahr 2006 sind diese markanten Punkte jedoch nicht mehr zu sehen. Das Schelfeis muss bis zu diesem Zeitpunkt so weit von unten abgeschmolzen sein, dass es entweder zu leicht war, um noch einen Abdruck an der Eisoberfläche zu produzieren, oder die Eisfläche hatte bereits den Kontakt zu den darunterliegenden Bergen verloren", sagt Koautor Karsten Gohl. Für den Gletscher sei das so gewesen, als hätte ihm jemand einen Bremsklotz weggezogen.

Danach muss sich Folgendes abgespielt haben: Die Eismassen konnten in erhöhtem Tempo dahinströmen, trafen später auf eine andere Erhebung unter Wasser und wurden an der Aufprallstelle so stark gestaucht, dass sich Risse in der Eisfläche bildeten. Als einer dieser Risse zu groß wurde, brach der gesamte vordere Bereich des Schelfeises ab. (red, 19. 6. 2018)