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Rupert Stadler geriet im Zuge des Dieselskandals verstärkt unter Druck.

Foto: Reuters/Michael Dalder

Hamburg/München – Eigentlich hätte am Montagnachmittag in der regulären Sitzung des VW-Aufsichtsrates ja die Zukunft von Rupert Stadler besprochen werden sollen. Die Agenda dürfte sich am Vormittag wohl verschärft haben: Stadler, der seit 2007 die VW-Tochter Audi führt, wurde verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Der 55-Jährige ist damit der erste Manager aus der oberen Führungsriege, über den im Rahmen des Dieselskandals ein Haftbefehl verhängt wurde.

Laut der Münchner Staatsanwaltschaft bestehe bei Stadler "Verdunkelungsgefahr". Mit der Festnahme will die Justiz eine mögliche Beweismittelvernichtung oder die Beeinflussung von Zeugen verhindern.

Dem Topmanager wird vorgeworfen, Dieselautos mit manipulierter Software weiter auf den europäischen Markt gebracht zu haben. Stadler, der zuvor bei dem Elektro- und Gesundheitskonzern Philips tätig war, soll spätestens am Mittwoch vernommen werden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag.

Durchsuchung bei Stadler

Bereits vor seiner Festnahme geriet der Chef der VW-Tochter nicht aus den Medien. Erst vor einer Woche fanden in den Häusern von Stadler und einem weiteren Audi-Vorstand Durchsuchungen statt. Den beiden Spitzenmanagern wird unter anderem Betrug zur Last gelegt. Sie sind die ersten beiden amtierenden Vorstände unter den Beschuldigten in der Dieselaffäre.

Stadler hatte zuletzt an mehreren Fronten gleichzeitig zu kämpfen: Dem Audi-Chef wird neben Betrug auch intern eine schleppende Aufarbeitung des Skandals vorgehalten. Die VW-Tochter gilt als Keimzelle der Abgasschummeleien. Stadler hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sein Anwalt lehnte am Montag eine Stellungnahme ab.

Kein Wunsch aus den USA

Vor der Ermittlungsrichterin, die die Untersuchungshaft angeordnet hatte, machte der Audi-Chef am Montag keine Angaben zur Sache. Stadler wolle sich vor einer Vernehmung erst mit seinem Anwalt beraten, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung habe bisher noch keine Erklärungen abgegeben. Der Justizsprecher sagte weiter, der Haftbefehl gegen den Audi-Chef gehe nicht auf einen Wunsch der US-Behörden zurück – es gehe um europäische Fahrzeuge.

Bisher überstand Stadler durch die schützenden Hände der Eigentümerfamilien Porsche und Piëch, bereits mehrere Scherbengerichte. Der Bayer, der seit 1990 bei Audi tätig ist, war lange Jahre Büroleiter des früheren VW-Chefs Ferdinand Piëch. Auch am Montag äußerte sich Porsche nur knapp zu den Vorfällen: "Es ist klar, dass sich der VW-Aufsichtsrat mit dem Thema beschäftigen wird", sagte ein Konzernsprecher.

Ertragreiche Tochter

Stadler selbst machte Audi im Laufe seiner Karriere zu einer der ertragreichsten Töchter des VW-Konzerns. Fünf Razzien, zwei wegen des Skandals vor die Tür gesetzter Entwicklungschefs und eine lange Reihe von Negativschlagzeilen sorgten aber für tiefe Kratzer an Stadlers Image.

Laut Informationen des Handelsblatts soll Stadler nun beurlaubt werden. Insiderinformationen zufolge übernimmt Audi-Vertriebsvorstand Bram Schot interimistisch den Chefposten. Der Aufsichtsrat muss der Personalie noch formal zustimmen. Für Stadler gilt die Unschuldsvermutung. (lauf, APA, 18.6.2018)