Bild nicht mehr verfügbar.

In Italien, wo in den letzten vier Jahren über eine halbe Million Bootsflüchtlinge angekommen sind, findet die Politik der Regierung Conte und Salvini breite Unterstützung.

Foto: REUTERS/Alessandro Bianchi

Im katholischen Italien ist gerade das letzte Tabu ins Wanken gekommen: Auch der Papst wird beschimpft. Nachdem Franziskus am Wochenende Solidarität für Migranten eingefordert hat, ist der Papst in sozialen Medien mit Kritik zugeschüttet worden. "Der redet wie ein muslimischer Imam", "Nimm die Flüchtlinge doch selber": Das waren noch die freundlichsten Postings.

In Italien, wo in den letzten vier Jahren über eine halbe Million Bootsflüchtlinge angekommen sind, findet die Politik der Regierung aus Lega und Cinque Stelle breite Unterstützung. Die Schließung der Häfen für Rettungsschiffe von ausländischen NGOs wird laut Umfragen von 58 bis 62 Prozent der Italiener unterstützt; bei den Wählern der Lega liegt die Zustimmung bei fast 90 Prozent.

Vorwurf der Verantwortungslosigkeit

Die Beliebtheit verdankt die neue Regierung in erster Linie Innenminister Matteo Salvini. Der Lega-Chef lässt keine Gelegenheit aus, Stimmung gegen die Flüchtlinge und die europäischen Partner zu machen. Wenn zum Beispiel Frankreichs Präsident Emanuel Macron der neuen italienischen Regierung im Zusammenhang mit der Abweisung des Rettungsschiffs Aquarius Verantwortungslosigkeit vorwirft, kontert Salvini dies damit, dass Frankreich an Italiens Grenze sogar schwangere Frauen zurückweist.

Die Fakten sprechen noch nicht für die neue Regierung Italiens: Neun von zehn Bootsflüchtlingen werden nicht von NGO-Schiffen gerettet, sondern von der italienischen Küstenwache, Marine und von Fracht- und Passagierschiffen. Die Geretteten werden dann nach Italien gebracht. So sind während der Odyssee der Aquarius über 2000 Flüchtlinge in sizilianischen und kalabrischen Häfen angekommen.

Dass sich mit der Schließung der Häfen für die NGO-Retter wenig an den Flüchtlingszahlen ändert, weiß auch Salvini. Der Minister hat deshalb am Sonntag angekündigt, dass die Schiffe der italienischen Küstenwache und Marine künftig wieder "näher an den eigenen Küsten" operieren und damit die Schiffbrüchigen nicht mehr wie bisher schon wenige Kilometer außerhalb der libyschen Küstengewässer retten werden. (Dominik Straub aus Rom, 19.6.2018)