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Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini will die Roma und Sinti im Land zählen lassen – jene mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse man "leider behalten".

Foto: REUTERS/Tony Gentile

Rom – Der italienische Innenminister Matteo Salvini will die in Italien lebenden Roma und Sinti zählen lassen. Um ein Bild von der Situation zu bekommen, müsse man "wieder das tun, was früher Zählung genannt wurde", sagte der Chef der fremdenfeindlichen Lega und stellvertretende Regierungschef am Montag laut Agenturberichten dem Sender Telelombardia.

Eine solche "Zählung" könnte auch "Personenregister" oder "Momentaufnahme" genannt werden, sagte der Innenminister. Ein Zensus ermögliche die Ausweisung von Ausländern ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Roma mit italienischer Staatsangehörigkeit müsse das Land "leider behalten".

Schock und Empörung

Salvinis Aussage löste Empörung aus. "La Repubblica" schrieb von einem "Schock", woraufhin Salvini twitterte: "Jemand spricht von 'Schock'. Warum??? Ich denke auch an die armen Kinder, denen Diebstahl und Illegalität beigebracht werden." Der demokratische Abgeordnete Ettore Rosato nannte die Pläne "vulgär und demagogisch". Man könne sich für Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit einsetzen, ohne faschistisch zu werden.

Der Präsident der gemischten Fraktion in der Abgeordnetenkammer, der Parlamentarier der Südtiroler Volkspartei (SVP) Manfred Schullian, warnte, dass die Zählung einer Minderheit vom moralischen, historischen und politischen Standpunkt unannehmbar und außerdem auch verfassungswidrig sei. "Wir rufen Salvini auf, die Töne zu dämpfen, wenn es um die Rechte und die Freiheit von Personen geht", so Schullian.

Die Idee der Zählung einer Minderheit erinnert viele Menschen an NS-Verfolgungen. Während der Hitler-Diktatur wurden Juden sowie Sinti und Roma zunächst in Deutschland entrechtet und diskriminiert. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs vernichteten die Nazis mit ihren Verbündeten Angehörige der Minderheiten systematisch.

Zählung nicht erlaubt

"Eine Zählung auf ethnischer Basis ist vom italienischen Gesetz nicht erlaubt. Es gibt hinzu Angaben über die Menschen, die in offiziellen und inoffiziellen Siedlungen leben. Die wenigen illegal in Italien lebenden Roma sind staatenlose Bürger, die als solche nicht ausgewiesen werden können", betonte Carlo Stasolla, Präsident des Verbands 21. Juli, der die Rechte der Sinti- und Roma-Gemeinschaft in Italien vertritt. Die italienischen Roma seien seit über einem halben Jahrhundert in Italien präsent. "Sie sind oft italienischer als viele Italiener", sagte Stasolla.

Der Sprecher der EU-Kommission, Alexander Winterstein, sagte, man könne EU-Bürger aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit nicht ausweisen. Auch der Chef des Koalitionspartners Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, warnte, jeglicher Zensus eines Bevölkerungsteils auf Basis der ethnischen Zugehörigkeit verstoße gegen die italienische Verfassung.

Salvini erwiderte, eine behördliche Erfassung der in Italien lebenden Roma oder eine Registrierung von Fingerabdrücken sei nicht geplant. Ihm gehe es lediglich darum, sich ein Bild von der Lage in den Roma-Barackensiedlungen zu machen und die Rechte der Roma-Kinder zu verteidigen, die man "das Stehlen und die Illegalität lehrt". "Ich lasse mich nicht bremsen: Zuerst die Italiener und ihre Sicherheit", betonte Salvini. (APA, red, 19.6.2018)