UV-Aufnahme der wolkenverhangenen Venus.

Foto: NASA

Los Angeles – Unser innerer Nachbarplanet ist zwar nicht so intensiv beforscht worden wie der äußere. Aber seit den sowjetischen Venera-Sonden in den 1960er Jahren ist doch so einiges an menschlichem Gerät um die Venus gekreist, auf ihr gelandet oder zumindest nahe an ihr vorbeigeflogen. Für Stirnrunzeln sorgte bei Astronomen allerdings der Umstand, dass die so gewonnenen Daten nicht genau übereinstimmten, wenn es um die Rotationsdauer der Venus ging.

Im Fall der Venus hat man es genau genommen mit zwei sehr unterschiedlichen Rotationen zu tun. Der Planet selbst, also seine Gesteinsmasse, braucht 243 Tage für eine volle Umdrehung. Die extrem dichte Atmosphäre der Venus hingegen ist wesentlich schneller unterwegs: Sie fegt einmal alle vier Tage um den festen Untergrund herum.

Ein riesenhafter Bogen

Diese beide Bewegungen sind offenbar stärker miteinander verknüpft als gedacht, berichten nun Astronomen um Thomas Navarro von der University of California in "Nature Geoscience". Und hierin dürfte auch der Grund für die abweichenden Messwerte liegen – die atmosphärischen Massen wirken auf die Rotation des Planeten selbst ein, indem sie mit Gebirgsformationen interagieren.

Als wichtigstes Indiz dafür gilt ein ungewöhnliches Phänomen, das die japanische Sonde Akatsuki 2015 aus einer Umlaufbahn um die Venus registriert hatte. Akatsuki beobachtete eine etwa 10.000 Kilometer lange bogenförmige Struktur in der Venusatmosphäre. Forscher interpretieren sie als sogenannte Schwerewelle – nicht zu verwechseln mit einer Gravitationswelle –, die durch Aufwinde an den darunterliegenden Gebirgen entsteht und ortsgebunden bleibt. Der Mega-Bogen war die imposanteste, aber nicht die einzige Welle dieser Art.

Rekonstruktion

Navarro ist es nun gelungen, die Zirkulation der venusischen Atmosphäre im Computermodell nachzubilden. Dieses bestätigte nicht nur das Zustandekommen von Schwerewellen in der Form, wie man sie tatsächlich beobachten konnte. Es zeigte sich auch, dass diese Wellen tageszeitlichen Schwankungen unterworfen sind. Sie bauen sich am Nachmittag auf und lösen sich bei Sonnenuntergang wieder auf.

Das führt zu Druck- und Dichteschwankungen in der Atmosphäre, die das Trägheitsmoment der Venus beeinflussen – und damit auch ihre Rotationsgeschwindigkeit. Da können an einem langen Venustag schon einige Minuten Abweichung zusammenkommen. (red, 22. 6. 2018)