Mit dem abrupten Ende von Tomas Zierhofer-Kins Wiener-Festwochen-Ära ist ein pädagogischer Großversuch – glücklos, wie er war – ohne großes Aufheben gescheitert. Dabei schien die zugrundeliegende Idee verlockend. Nach vielen fetten Jahren sollte Wiens Paradefestival auch noch alle diejenigen zufriedenstellen, die vordem nicht den Weg in eine der zahlreichen (Theater-)Spielstätten gefunden hatten.

Pflichtschuldig holte man den Impresario eines Kleinfestivals. Tomas Zierhofer-Kin sollte Frischluft in die Wiener Kulturtempel pumpen. Prompt erklärte der neue Spielvogt die szenische Hochkultur zum Popanz, dem er – nicht ohne intellektuelle Dünkel – beherzt zu Leibe rückte.

"Queer" sollte die schöne neue Welt sein, gerne auch sonst different und "immersiv" (zu Deutsch: eintauchend in eine künstliche Umwelt). Die neue Avantgarde gab sich betont hedonistisch, schöpfte aber vor allem aus den 1990ern. Schon damals bildete die "Club"-Nacht das illusorische Zentrum gegenkultureller Entwürfe.

Zwei Festwochen-Ausgaben später wurde das unheilige Experiment jählings abgebrochen. Weder ließ sich das Publikum hochnäsig belehren, noch schien Zierhofers Versuch einer Autokorrektur glaubwürdig. Für die neue Kulturstadträtin könnte sich die Situation als Segen herausstellen. Sie weiß, wie man Zeitgenossenschaft ohne Wortgeklingel herstellt. Und sie besitzt ein gut sortiertes Adressbuch. (Ronald Pohl, 19.6.2018)