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Trump (links) und Putin trafen sich noch nie in bilateralem Rahmen aber bereits bei internationalen Treffen wie hier beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg.

Foto: AP/Vucci

Donald Trump ist auf den Geschmack gekommen: Nach dem von ihm als grandiosen Erfolg gefeierten Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un forciert er Berichten zufolge auch eine Zusammenkunft mit Wladimir Putin. Dies könnte bereits Mitte Juli über die Bühne gehen, als möglicher Tagungsort gilt Wien.

Eigentlich hatte Trump schon im Wahlkampf angekündigt, sich mit Putin an einen Tisch setzen zu wollen, um die Weltlage zu klären. Trotzdem ist es bisher zu keinem bilateralen Treffen gekommen. Die beiden Staatsführer haben sich nur zweimal kurz im Rahmen anderer Veranstaltungen gesehen: einmal vergangenes Jahr beim G20-Gipfel in Hamburg und im Herbst dann beim Apec-Gipfel in Vietnam. Anweisungen Trumps kurz darauf an seine Administration, ein bilaterales Treffen vorzubereiten, wurden laut "Washington Post" von den Beamten ignoriert.

Die Bemühungen hat Trump deshalb aber nicht eingestellt. Im April sickerte aus dem Kreml durch, dass Trump Putin telefonisch nach Washington eingeladen habe, aber der direkte Besuch in der "Höhle des Löwen" ist für Putin aus Imagegründen nicht machbar. Eine solche Aufwartung würde gegen das Prinzip der Augenhöhe verstoßen. Moskau hat daher als Gegenvorschlag einen neutralen Treffpunkt in Europa vorgeschlagen.

Als Anlass dazu bietet sich der Nato-Gipfel in Brüssel am 11./12. Juli an, bei dem auch Trump erwartet wird. In Brüssel selbst wird Putin nicht auftauchen – aus den gleichen Gründen, die auch gegen Washington als Treffpunkt sprechen. Aber von der belgischen Hauptstadt ist es nicht mehr weit Richtung Wien. Und als Termin wäre dann der 14. Juli optimal – kurz vor dem WM-Finale.

Schweigen im Kanzleramt

Inoffiziell sickerten bereits Informationen durch, wonach Putin bei seiner jüngsten Visite in Österreich bei Kanzler Sebastian Kurz vorgefühlt hatte, ob dieser bereit sei, einen solchen Gipfel auszutragen. Das Bundeskanzleramt wollte das Thema auf Anfrage des STANDARD nicht kommentieren, betonte aber, dass sich "Wien als Ort des Dialogs" verstehe. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) wurde fürs russische Fernsehen deutlicher: "Wir sind bereit, bei der Durchführung eines solchen Treffens zu helfen", zitiert ihn der Sender Rossija-24.

Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte inzwischen, dass die Präsidenten bei einem Telefonat "die Notwendigkeit eines solchen Treffens besprochen haben. Unter anderem auch, dass Wien zum Gipfelort werden könnte." Für das Weiße Haus bereiten dem Vernehmen nach Sicherheitsberater John Bolton, Außenminister Mike Pompeo und der US-Botschafter in Moskau, Jon Huntsman, den Gipfel vor.

Hybride Kriegsführung

Allerdings ist der Widerstand in Washington gewaltig. Die politische Elite wirft Moskau Einmischung in die US-Wahlen und hybride Kriegsführung in Syrien und der Ukraine vor. Das Misstrauen gegenüber einer möglichen Verbrüderung zwischen Trump, der die Krim beim G7-Gipfel "russisch" nannte, und Putin, ist groß.

Andererseits sei Trump an einem Treffen vor den Zwischenwahlen im November gelegen – um zu demonstrieren, "dass ihm alles gelingt", meinte der russische Politologe Michail Deljagin. Übereinkünfte bei den für die USA wichtigen Themen wie Ukraine, Syrien oder US-Raketenschirm sind nicht zu erwarten. Doch in der "postmodernen Politik sind Bilder wichtiger als Inhalte", meinte der Politologe Sergej Markow – und Bilder könnte ein solches Treffen durchaus liefern.

Das Ganze ließe sich dann auch über unverbindliche Vereinbarungen als Bemühung zur atomaren Abrüstung und zur Kooperation beim Thema Cybersicherheit als Erfolg für beide Seiten verkaufen. Zudem bedarf nach den Ausweisungen beider Seiten auch die Arbeit der diplomatischen Vertretungen einer dringenden Verbesserung. Die Wiedereröffnung jeweils eines Konsulats wäre schon ein gewaltiger Fortschritt im bilateralen Verhältnis. Derzeit sind beispielsweise die US-Konsulate so überlastet, dass der Erhalt eines Visums für russische Staatsbürger ein echtes Problem darstellt. Auf dieser Ebene könnte das Treffen sicherlich zu einer Normalisierung der Beziehungen führen. (André Ballin aus Moskau, 19.6.2018)