María Dolores de Cospedal.

Soraya Sáenz de Santamaría.

Fotos: AFP / Oscar del Pozo, Emmanuel Dunand

Der spanische konservative Partido Popular (PP) betritt Neuland. Erstmals in der 42-jährigen Parteigeschichte wird die Basis bei der Wahl des Parteivorsitzenden ein Wort mitzureden haben. Bisher bestimmte der scheidende Parteichef seinen Nachfolger. Nicht so der ehemalige Regierungschef Mariano Rajoy, der sein Parteiamt nach der Niederlage bei einem Misstrauensvotum Anfang des Monats zur Verfügung stellte. "Ich werde keinen Einfluss auf eine Entscheidung nehmen, die eure sein muss", erklärte er, als er einen Sonderparteitag für den 20. und 21. Juli ansetzte.

Erstmals kommt damit ein Verfahren zur Anwendung, das Urwahlen und Parteitagsentscheidung mischt. Sechs Kandidaten haben die nötigen 100 Unterschriften gesammelt, um bei der Vorwahl anzutreten. Doch Chancen haben nur zwei. Die ehemalige Vizeregierungschefin unter Rajoy, Soraya Sáenz de Santamaría, und die Nummer zwei des PP, die ehemalige Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal. Alles deutet auf einen harten Kampf der beiden "starken Frauen Rajoys" hin. Denn Alberto Núñez Feijóo, Ministerpräsident in Rajoys Heimat Galicien, der in Umfragen deutlich vor den beiden Frauen lag, kündigte am Montag überraschend an, nicht nach Madrid wechseln zu wollen.

Es herrscht seit langem dicke Luft zwischen den beiden Anwärterinnen auf den Parteivorsitz. Fotos, auf denen sie nebeneinandersitzen und sich keines Blickes würdigen, zierten immer wieder Spaniens Zeitungen. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein. Die 52-jährige Juristin De Cospedal hatte seit 1999 unterschiedliche Ämter in Ministerien und der konservativen Stadtverwaltung in Madrid inne, regierte in der zentralspanischen Region Kastilien-La Mancha und bekleidete hohe Parteiämter.

Die 47-jährige Anwältin Sáenz de Santamaría hingegen ist Quereinsteigerin. Sie bewarb sich mit ihrem Lebenslauf direkt bei Rajoy für dessen Kabinett, noch bevor dieser 2011 an die Regierung kam. Dort war sie von Anfang an seine Nummer zwei und hielt ihrem Chef bei schwierigen Problemen, wie zum Beispiel dem Katalonienkonflikt, den Rücken frei.

Showdown auf dem Parteitag

Jetzt hat die Basis das Wort. Wer bei der Wahl am 5. Juli mehr als zehn Prozent der Stimmen auf sich vereint, tritt beim Sonderparteitag an. Dort wählen dann die Delegierten, die von der Basis ebenfalls am 5. Juli bestimmt werden. Wenn einer der Kandidaten bereits bei den Urwahlen mehr als die Hälfte der abgegeben Stimmen erhält, die zweitplatzierte Person um mehr als 15 Prozent hinter sich lässt oder in der Mehrheit der Landesbezirke als Spitzenreiter hervorgeht, wird er automatisch zum alleinigen Kandidaten auf dem Parteitag.

Doch bei zwei starken Kandidatinnen, begleitet von vier schwächeren, wird dies wohl kaum der Fall sein. Der Showdown wird am 21. Juli auf dem Parteitag stattfinden. Danach wird wohl erstmals eine Frau an der Spitze des PP stehen – und vermutlich auch bei den nächsten Wahlen um den Einzug in den spanischen Regierungspalast Moncloa streiten. (Reiner Wandler aus Madrid, 20.6.2018)