Maria Enzersdorf / St. Pölten – Der 40-jährige, mit fortschreitender multipler Sklerose auf den Rollstuhl angewiesene Algerier Loua Bouratha, der acht Jahre lang im Caritas-Flüchtlingshaus St. Gabriel lebte und dort seine gesamten sozialen Kontakte hat; die 50-jährige, körperlich behinderte und schwer traumatisierte Kosovarin Adelina S., die dort vier Jahre lang wohnte: Laut der dem niederösterreichischen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) unterstehenden zuständigen Abteilung der Landesregierung gehören diese beiden Schwerkranken, über die der Standard berichtete, nicht zu den "humanitären Fällen", denen der Politiker am Montag zugesagt hatte, in St. Gabriel bleiben zu dürfen.

Vielmehr wurden sie am Dienstag abgeholt und in andere Flüchtlingshäuser in Niederösterreich gebracht – zusammen mit 22 weiteren Bewohnern, elf davon Menschen mit schweren Gesundheitsproblemen. Für die Caritas ist das völlig unverständlich: "Wer, wenn nicht diese Personen, sind humanitäre Härtefälle?", fragt Klaus Schwertner, Geschäftsführer der für St. Gabriel verantwortlichen Caritas der Erzdiözese Wien.

Caritas sucht weiter das Gespräch

Am Montag, so Schwertner, hätten er und andere Caritas-Mitarbeiter mit Waldhäusl "ein gutes und langes persönliches Gespräch geführt". Der Politiker habe versichert, dass die Einrichtung in St. Gabriel nicht geleert und geschlossen, sondern aus Sicherheitsgründen – Anfang Mai hatte ein Heiminsasse aus Nigeria einen Mitbewohner aus Afghanistan getötet – verkleinert werden solle. "Wir müssen rasch weitere Gespräche führen, um weiteres menschliches Leid zu verhindern", sagt Schwertner mit Blick auf zwei für 25. Juni und 23. Juli avisierte neuerliche Abholtermine.

Im Büro Waldhäusl winkt eine Sprecherin ab. Nicht ihr Chef entscheide, wer als Härtefall gelte – sondern besagte Abteilung, sagt sie: "Waldhäusl selbst mischt sich da nicht ein." (Irene Brickner, 20.6.2018)