Sie versuchten ein mazedonisches Szenario erreichen, deshalb verließen die montenegrinischen Oppositionsabgeordneten nach der Wahl im Oktober 2016 das Parlament. Der Regierungspartei DPS warfen sie Wahlbetrug vor und forderten Neuwahlen. Sie wollten, dass sich – wie in Mazedonien ein Jahr zuvor – die USA und die EU einmischen und die DPS zum Einlenken zwingen. Doch das geschah nicht.

Nun kehrt ein Teil der Oppositionsabgeordneten wieder ins montenegrinische Parlament zurück. Ausschlaggebend war die Vermittlung der EU-Kommission unter Erweiterungskommissar Johannes Hahn. Am Mittwoch flogen Vertreter der Parteien Ura und Demos nach Brüssel, um mit ihm zu sprechen.

Ziel der Oppositionsparteien ist es, das Wahlgesetz zu reformieren, die politische Infiltration des öffentlich-rechtlichen Fernsehens durch die Regierung zurückzunehmen und mehr gegen Korruption vorzugehen. Dazu soll eine parlamentarische Kommission eingerichtet werden, die aus Abgeordneten der Opposition und der Regierung zusammengesetzt ist. Die Regierung ist gesprächsbereit, aber nur, wenn die Opposition auch an der Parlamentsarbeit teilnimmt.

Seit 27 Jahren in der Hand der DPS

Montenegro ist heute – so wie in den letzten 27 Jahren – fest in der Hand der DPS und ihres Chefs Milo Ðukanović. Er wurde kürzlich wieder zum Präsidenten gewählt. Und die DPS gewann Ende Mai die Lokalwahlen. Dass die Unterstützung der Mehrheit der Montenegriner für die DPS ungebrochen ist, hat wohl die Rückkehr der Oppositionsparteien ins Parlament mitbeeinflusst. Denn in Montenegro ist kein Regieren ohne die DPS möglich – die Opposition ist zudem zersplittert und inhaltlich verschieden ausgerichtet.

Ðukanović hat es in den vergangenen Jahrzehnten immer gut verstanden, die Opposition außer Gefecht zu setzen. Bei der Wahl im Herbst 2016 behauptete er, dass einige Oppositionelle gemeinsam mit russischen und serbischen Agenten versucht hätten, einen Staatsstreich zu verüben und ihn zu töten, um zu verhindern, dass Montenegro der Nato beitritt. Zwei Spitzenpolitiker der oppositionellen Demokratischen Front wurden angeklagt. Die Opposition hat jegliche Beteiligung an dem angeblichen Putschversuch zurückgewiesen.

Mitglied der Nato

Montenegro ist mittlerweile Nato-Mitglied, aber auf dem Weg in die EU steckengeblieben. Es gibt keinerlei maßgebliche Reformfortschritte etwa bei der Rechtsstaatlichkeit, was die EU auch immer wieder rügt. Erst kürzlich gab Ðukanović zu verstehen, dass er Einmischung von außen zurückweist und auch damit zu rechnen sei, dass Montenegro nicht der EU beitritt. Er wählte dafür laut der Zeitung "Vjesti" folgende Worte: "Es ist die Wahrnehmung einiger ausländischer Institutionen, die offenbar denken, dass hier Menschen zweiter Klasse leben, die man ständig ermahnen muss, nach welchen Formeln sie ihr Leben gestalten sollen. Wir sind an einer weiteren Einigung Europas interessiert. Und wenn dieser Prozess läuft, dann betrachten wir uns als Partner, dem nichts vorgeschrieben und aufgezwungen werden soll. Man darf sich nicht das Recht nehmen, immer wieder darüber zu richten, ob wir intelligent und seriös genug sind, das anzuwenden, was wir zuvor gemeinsam beschlossen haben."

Weiters sagte er: "Ich weiß, dass wir alle auf dem Balkan dieses Abhängigkeitssyndrom haben und unter ihm leben – eine provinzielle Abhängigkeit in Bezug auf gewisse angebliche internationale Autoritäten. Ich lebe nicht in einer solchen Welt und dadurch unterscheide ich mich vielleicht ein bisschen von anderen. Deshalb bin ich sehr oft Zielscheibe nicht nur von bestimmten ausländischen, sondern auch von inländischen Adressen. Aber glaubt mir, das interessiert mich überhaupt nicht." (Adelheid Wölfl, 20.6.2018)