Wien – In der Verlagsbranche sind sie eine sichere Bank: Biografien, Autobiografien und biografisch inspirierte Arbeiten. Oft liefern sie dem Leser einen besseren Einblick in Zeiten, Orte und Milieus, als es Fiktion und Sachbuch können. Biografisches bedient aber auch die Lust an der (Selbst-)Entblößung sowie den Voyeurismus des Publikums. In jedem Fall gilt ein prominenter Name als Verkaufsvehikel.

Im Digitalzeitalter heißt das, dass vermehrt Bücher von Youtubern und Instagramern veröffentlicht werden. Sie sind oft nicht mehr als spaßige Bastelbücher, Millionen Online-Follower greifen dennoch zu. Es ist das Fanprinzip, das zum Tragen kommt. Ähnlich verhält es sich mit biografischen Comics und Graphic Novels. Sie schießen derzeit wie Schwammerln aus dem Boden. Arbeiten über Elvis oder Nick Cave (beide von Reinhard Kleist) sind internationale Renner.

In Österreich hat sich Reinhard Trinkler einen Namen gemacht. Er übersetzte Qualtingers Herr Karl in Comicbilder, widmete sich der Kottan-Saga, Sisi, Falco oder Heinz Fischer. Der Altpräsident mit den üppigen Augenbrauen erzählt darin seine Geschichte der Zweiten Republik.

Drei aktuell erschienene Bücher zeigen die Bandbreite der Comic-Bios auf. Sie reicht von Musik über Sport bis hin zur Politik:

· Ramones (Knesebeck) In schroffen Schwarz-Weiß-Bildern widmet sich Éric Cartier der 1974 in New York gegründeten Band, die Punk spielte, bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Die Geschichte knüpft sich an das Leben des Ramones-Gründers Douglas Glen Calvin, berühmt-berüchtigt geworden als Dee Dee Ramone.

Erzählt werden Schlüsselmomente: der vom Krieg psychisch versehrte Vater, der routinemäßig Gewalt anwendet und dem Sohn Gründe für seine früh angelegte Heroinabhängigkeit liefert. Das Werden der Band, deren stilprägende Hits aus purem Dilettantismus entstanden. Oder das Unverständnis, das die US-Punker ihren Londoner Artgenossen entgegenbrachten: "Warum haben uns diese Arschlöcher angespuckt?" – "Weil sie euch bewundern. Das ist hier so." Authentisches Buch.

Verlage bauen auf das Fanprinzip: Ein Comic über die Ramones zieht.
Foto: Knesebeck

· Erich Mühsam (Edition Moderne) Im Ansatz ähnlich gelungen ist eine Comic-Bio von Jan Bachmann über Erich Mühsam. Der deutsche Anarchist und satirische Poet wurde 1934 in einem NS-Konzentrationslager ermordet. Bachmann illustriert verspielt und bunt Anekdoten aus den Tagebüchern Mühsams. Deutlich wird hier aber, dass man der immens vielgestaltigen Persönlichkeit auf knapp 90 Comicseiten kaum gerecht werden kann.

Foto: Edition Moderne

· Reinhold Messner (Knesebeck) Dass bei der inflationären Comic-Produktion auch Ausschussware entsteht, zeigt Michele Petrucci mit seiner Bio über Bergguru Reinhold Messner. Zeichnerisch wie inhaltlich ist diese Beweihräucherung nicht auf Himalaja-Niveau.

Foto: Knesebeck

(Stefan Weiss, 21.6.2018)