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Russische Euphorie ohne Ende.

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Endgültig war das Erreichen des Achtelfinales für Russland auch nach dem 3:1 über Ägypten noch nicht gesichert, doch an ein Scheitern mochten die russischen Fans nicht mehr glauben und feierten nach dem Schlusspfiff am Dienstag ausgelassen. "Bei uns war die Hölle los", sagte die Kellnerin Alina aus dem Strandrestaurant Stargorod ("Altstadt") in Sotschi. Das Restaurant unweit der Fanmeile in der Schwarzmeerstadt hat sich auf die Übertragung der WM-Spiele fokussiert. Auf jeder Etage hängen mehrere Großbildschirme, auf denen die Fans das Geschehen verfolgen können. "Gestern standen die Leute bis nach draußen Schlange, um einen Platz zu bekommen." Der Jubel nach dem Sieg sei ohrenbetäubend gewesen.

Selbst wer sich nicht für Fußball interessierte, konnte den Sieg der Sbornaja am Dienstagabend kaum ignorieren. Kilometerweit war das Hupkonzert der jubelnden Anhänger in verschiedenen Teilen der Stadt – vom südlichen Bezirk Adler bis ins Zentrum – zu hören.

Ansturm auf Fanmeilen

"Die Stimmung ist wegen der WM sowieso gut, vor allem in Sotschi. Die Leute freuen sich auf die große Party, auf die vielen Ausländer, besonders natürlich die Lateinamerikaner", sagt Froll, der als Nachhilfelehrer Deutsch und Englisch in der Stadt unterrichtet. Das unerwartet gute Abschneiden der Sbornaja hat die Begeisterung noch erhöht. Denn das Achtelfinale einer Fußball-WM hat die Sbornaja das letzte Mal vor 32 Jahren erreicht, also vor dem Zerfall der Sowjetunion.

Sotschi ist mehr als 2000 Kilometer vom Stadion in St. Petersburg entfernt, wo das Team von Stanislaw Tschertschessow ihr zweites Gruppenspiel bestritt. Doch die Begeisterung geht nun durch das ganze Land. Gefeiert wurde von Kaliningrad bis nach Wladiwostok. Nicht nur das Stadion war ausverkauft, auch die Fanmeilen in vielen Städten sind überfüllt. In Moskau kamen mehr als 80.000 Fans in die Fanzone, deren Zugang zeitweise wegen des Andrangs geschlossen werden musste.

Fast ganz friedlich

Nicht alle Fans wurden ihrer Euphorie Herr: Im Süden Moskaus provozierten freude- und auch sonst trunkene Fans nach dem Sieg eine Massenschlägerei, als sie kurzerhand eine Straße für den Verkehr sperrten. Eine Reporterin der Deutschen Welle wurde von einem jubelnden Fan begrapscht. Größtenteils blieb es allerdings friedlich.

Nur die Erwartungen sind gestiegen. Er habe nicht an das Weiterkommen geglaubt, doch nun sei auch das Achtelfinale bestimmt noch nicht Endstation, sagte Pawel, ein junger Mann im roten T-Shirt mit der Aufschrift "Rossija".

Freudenbekundungen gab es auch von offizieller Seite. Der Vizepräsident des russischen Fußballverbands, Sergej Anochin, sprach Tschertschessow seinen "Respekt" dafür aus, "dass er dieses Team geformt hat". Die Presse – im Vorfeld des Turniers angesichts durchwachsener Ergebnisse noch sehr kritisch gegenüber dem Trainer eingestellt – ist ebenfalls des Lobs voll: Die Rossiskaja Gaseta sagte der Nationalmannschaft "Danke für diesen Fußball" und sprach von einem Sieg in "glänzendem Stil", die Iswestija gar von einer "historischen Bestleistung". Tatsächlich hat noch kein WM-Gastgeber seine ersten beiden Spiele so deutlich gewonnen – mit 8:1 insgesamt.

Ab nach Samara

Im Vergleich dazu war die Reaktion von Präsident Wladimir Putin geradezu schüchtern und zurückhaltend. Putins Sprecher Dmitri Peskow räumte am Mittwoch ein, dass der Kreml-Chef das Spiel selbst nicht gesehen habe. Er sei nach einem Besuch in Weißrussland im Flieger gesessen, habe aber auf das Ergebnis "wie das ganze Land sehr positiv reagiert".

Angesichts der bisherigen Resultate dürfte Putin nun kaum etwas anderes übrigbleiben, als das Spiel gegen Uruguay am Montag in Samara zu besuchen. (André Ballin aus Sotschi, 20.6.2018)