Bukarest – Tausende Rumänen haben am Mittwochabend spontan landesweit gegen die sozialliberale Regierung und für eine unabhängige Justiz demonstriert. Allein in der Hauptstadt Bukarest versammelten sich nach Schätzung der Medien etwa 10.000 Demonstranten vor dem Regierungssitz. Die Stimmung wirkte angespannt, einige Demonstranten wurden von der Polizei abgeführt.

Beobachter berichteten von einem ungewöhnlich großen Aufgebot der Sicherheitskräfte. Zu kleineren Protesten kam es in mindestens zehn weiteren Städten.

Zuvor hatte die bürgerliche Opposition im Parlament einen Misstrauensantrag gegen die Regierung eingebracht. Er gilt als chancenlos, weil die Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila mit einer Mehrheit rechnen kann. Die Abstimmung darüber findet voraussichtlich kommende Woche statt.

Urteil erwartet

Auslöser der Proteste sind laufende Versuche der Regierung, die Antikorruptionseinheit der Staatsanwalt (DNA) zu bremsen. Zwei Tage zuvor hatte das Parlament die Strafverfolgungsprozedur geändert und damit nach Meinung von Kritikern den wegen Korruptionsvorwürfen unter Strafverfolgung stehenden mächtigen Vorsitzenden der Regierungspartei PSD (Sozialdemokraten), Liviu Dragnea, begünstigt.

Dragnea darf nicht selbst Ministerpräsident werden, weil er vorbestraft ist, kontrolliert aber die Regierung. An diesem Donnerstag wird ein Urteil des obersten Gerichtshofs im Fall Dragnea erwartet, der wegen Korruptionsvorwürfen angeklagt ist.

Die neue Strafverfolgungsprozedur setzt nach Ansicht von Experten unrealistisch kurze Fristen für die Dauer von Ermittlungen und schränkt die Benutzung von Beweismitteln ein. Zudem will die Regierung die von der EU geschätzte DNA-Chefin Laura Kövesi absetzen, gegen den Willen des Staatspräsidenten Klaus Johannis und mit Unterstützung des Verfassungsgerichts. (APA, 20.6.2018)