Der Kampf um das Meme hat in der EU gerade begonnen.

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Glaubt man Kritikern, stehen die Weichen in Europa auf eine einschneidende Transformation des Internets. Die US-amerikanische Electronic Frontier Foundation, wohl die wichtigste netzpolitische Organisation der Welt, warnt vor einer "Krise des Internets", und mehr als siebzig IT-Koryphäen wie WWW-Erfinder Tim Berners-Lee sprechen von einer Zensurmaschine, die eine ständige Kontrolle der User etabliert. Dem stehen große Verlage, die Musikindustrie und die konservative Fraktion im EU-Parlament entgegen, die von einem fairen Ausgleich zwischen IT-Branche und Urhebern sprechen.

Upload-Filter

Der Grund der Aufregung ist der Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform, der am Mittwoch den Rechtsausschuss des EU-Parlaments passierte. Er sieht vor, dass Plattformen künftig automatisch überprüfen, ob von Nutzern hochgeladene Inhalte gegen das Urheberrecht verstoßen. Youtube, Facebook und Twitter müssten also ihre Filter verschärfen, sodass geschützte Fotos, Songs oder Videos sofort blockiert werden.

Memes

Legt man diese Regeln streng aus, ergibt das den Todesstoß für Internet-Memes. Denn die beliebten Text-Bild-Kombinationen oder kurzen animierten Videos funktionieren ja gerade, weil sie popkulturelle Referenzen beinhalten. Ein Foto aus der Fernsehserie "Game of Thrones" oder ein kurzer Clip von Cristiano Ronaldos Torjubel stellen dennoch eine Urheberrechtsverletzung dar. In den USA wird das jedoch mit einer sogenannten "Fair Use"-Regelung erlaubt.

Aber selbst wenn in letzter Sekunde noch ähnliche Klauseln in die geplanten EU-Regeln aufgenommen werden, könnten Memes den Upload-Filtern zum Opfer fallen. Denn es ist zu befürchten, dass die maschinellen Filter von Youtube, Twitter und Konsorten den Unterschied zwischen einer "klassischen" Urheberrechtsverletzung und einem Meme oder anderweitigen Remix nicht erkennen können.

"Kulturelle Kriminalität"

Der deutsche EU-Abgeordnete Axel Voss (CDU) sprach in diesem Zusammenhang von "kultureller Kriminalität". Er verstehe nicht, wie man meinen könne, "mit den Rechten anderer seine Meinungsfreiheit zu gestalten". Voss hat die Neuregelung als Berichterstatter entscheidend geprägt.

Seine Fraktionskollegen von der ÖVP unterstützen den Vorschlag als einzige österreichische Partei ebenfalls. Der EU-Abgeordnete Heinz Becker sprach von einem "Kompromiss zum Wohle aller", bei dem man Onlineplattformen "mehr Verantwortung" gebe.

FPÖ und Neos scheren aus Fraktionslinie aus

Dem steht heftige Kritik von SPÖ und Grünen, aber auch von FPÖ und Neos gegenüber. Die beiden letztgenannten Parteien stellen sich damit gegen die Mehrheitsmeinung in ihren Fraktionen. So stimmten die Abgeordneten des französischen Front National sowie Liberale im EU-Rechtsausschuss für die umstrittenen Pläne.

Auch aus diesem Grund schöpfen Gegner der Richtlinie noch Hoffnung. In den nächsten zwei Wochen wird sich das Plenum des EU-Parlaments mit dem Vorschlag beschäftigen. Das bedeutet, dass alle Abgeordneten darüber abstimmen werden. Gibt es weitere nationale Delegationen, die von der Mehrheitsmeinung ihrer Partei abweichen, könnten die Pläne doch noch gekippt werden. (Fabian Schmid, 21.6.2018)