Josef Hickersberger: "Sie sind schon in großer Not".

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Wien – Der frühere ÖFB-Teamchef Josef Hickersberger hält Weltmeister Deutschland nach dem verpatzten Start in die Fußball-WM in Russland nicht für einen ernsthaften Titelkandidaten. "Sie haben keine überragende Mannschaft", erklärte Hickersberger. "Sie haben zwar ein paar hervorragende Einzelspieler, aber ich traue ihnen den WM-Titel nicht zu."

Nach dem 0:1 zum Auftakt gegen Mexiko müssen die Deutschen ihre beiden ausständigen Gruppenspiele gewinnen, um sicher ins Achtelfinale einzuziehen. "Sie sind schon in großer Not", meinte Hickersberger. Für Siege gegen Schweden und Südkorea hält der frühere Deutschland-Legionär die DFB-Elf zwar für stark genug. "Aber dann geht es ja erst richtig los."

Verschoben

Hickersberger wurde am Donnerstag, dem 40. Jahrestag von Österreichs 3:2 gegen Deutschland bei der WM 1978 in Cordoba, mit seinen damaligen Kollegen in der Wiener Hofburg empfangen. Seit dem bisher letzten Pflichtspielsieg gegen den großen Nachbarn hätten die Österreicher fußballerisch aufgeholt. "Ich glaube, das Kräfteverhältnis hat sich doch etwas verschoben."

Zu Hickersbergers aktiver Zeit waren nur zwei ausländische Spieler je Club erlaubt. Mittlerweile seien aber zahlreiche ÖFB-Legionäre in der deutschen Bundesliga tätig – mehr auch als 2008, als das ÖFB-Team unter dem Niederösterreicher im Entscheidungsspiel der Heim-EM in Wien gegen Deutschland den Aufstieg verpasste (0:1). Hickersberger: "Es war ein besonderes Spiel, leider haben wir es nicht geschafft." Zehn Jahre danach zähle Deutschland bei einer WM ausnahmsweise nicht zu den ganz großen Favoriten.

Zugzwang

Auch Hans Krankl, 1978 in Cordoba Doppel-Torschütze und einst ebenfalls ÖFB-Teamchef, sieht den Weltmeister nach der Auftaktniederlage gegen Mexiko unter Zugzwang. "Abschreiben darf man die Deutschen aber noch nicht, sie sind deswegen noch nicht ausgeschieden", betonte der Wiener, verwies aber auch auf die vielen Probleme der DFB-Auswahl.

Die Turbulenzen nach den Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan etwa sind noch nicht ausgestanden. Krankl: "Sie haben Probleme im Spiel, sie haben Probleme neben dem Fußball. Das müssen sie alles lösen." (APA; 21.6.2018)