Einen Monat nach der Abschaltung von Kino.to ging KinoX.to ans Netz – und ist bis heute in Betrieb.

Foto: derStandard.at/Pichler

Vor zehn Jahren tauchte im Netz eine Seite auf, die nicht nur in kurzer Zeit massive Popularität verzeichnete, sondern auch schnell ins Visier der Rechteinhaber geriet. Kino.to Hier gab es Blockbuster-Filme und populäre Serien, abrufbar per Stream, ohne Download. Das Portal zählte damals zu den Pionieren – Amazon hatte erst zwei Jahre zuvor einen "Video on Demand"-Dienst gestartet, Netflix begann 2007 den Wandel vom DVD-Vermieter zum Streamingportal.

In drei Jahren, so erklärte die Generalstaatsanwaltschaft von Dresden, wurde die Seite acht Milliarden Mal "angeklickt". Im Jahr 2011 machten die Behörde den Betreiber Dirk B. dingfest und die Seite ging im Juni des Jahres vom Netz. Einen Monat später tauchte schließlich ihr selbst proklamierter Nachfolger unter dem Namen KinoX.to auf – es gibt ihn bis heute.

Ein Betreiber weiter flüchtig

Freilich blieben Urheberrechtsverbände und Strafverfolger auch hier nicht untätig, zumal auch diese Seite sehr schnell massenhaft Besucher anzog. Als Betreiber machte man die Brüder Kastriot und Kreshnik Selimi aus, denen auch Kontakte zur russischen Online-Mafia nachgesagt werden und die auch hinter dem ähnlich gearteten Portal Movie2k gestanden haben sollen. Eine Durchsuchung ihrer Wohnung im Oktober 2014 kam aber zu spät, sie waren zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr im Land.

Mutmaßliche Komplizen wurden jedoch gefasst. Folgend einem internationalen Haftbefehl stellte sich Kreshnik Selimi im kosovarischen Pristina der Polizei. Sein älterer Bruder ist nach wie vor auf der Flucht.

Netzpolitisches Neuland

Während die Fahndung weiterläuft, hat der Erfolg von Kino.to, KinoX.to und weiteren dubiosen Streamingseiten netzpolitische Konsequenzen nach sich gezogen. Man musste rechtliches Neuland betreten. Dabei ging es etwa darum, ob ein Stream eine illegale Kopie sein könne. Dafür spricht, dass auch bei dieser Form des Abrufs technisch ein Download erfolgt. Dagegen spricht, dass die Hinterlegung im Arbeitsspeicher erfolgt und es sich nur um eine temporäre Hinterlegung handelt. Der EuGH schloss sich 2014 letzterer Ansicht an.

Die Urheberrechtsvertreter suchten also andere Wege. In Österreich forderte etwa der Verein Anti-Piraterie (VAP) alle großen Betreiber auf, den Zugang zu Kino.to zu sperren. Es folgten ein Musterprozess gegen UPC und eine einstweilige Verfügung. Der Internetanbieter sperrte daraufhin den Abruf der Domain, doch schon einen Tag später war das Portal über eine andere URL abrufbar. Es folgten weitere Sperrungen, etwa gegen Torrentplattformen wie Pirate Bay, die vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurde.

Katz- und Maus-Spiel

Weil die Blockade aber nur auf Domainbasis erfolgt, haben es die Seiten relativ leicht damit, sie zu umgehen. Dazu reicht einfach eine andere Adresse aus, die auf das gleiche Angebot verweist. KinoX.to hat nach eigenen Angaben rund 280 "Ersatzdomains". Die Provider sehen in der Vorgabe, den Zugang zu bestimmten Seiten blockieren zu müssen, allerdings einen Verstoß gegen die Netzneutralität. Um Rechtssicherheit zu bekommen, haben fünf Anbieter, darunter auch T-Mobile, Anfang diesen Jahres "Selbstanzeige" bei der Regulierungsbehörde RTR erstattet. Sie pochen auf Rechtssicherheit.

Diese Turbulenzen sind an KinoX.to vorbei gegangen. Der mutmaßliche Betreiber ist, wie erwähnt, flüchtig. Finanziert wird das Portal über Werbung. Zu sehen sind Anzeigen zu Browsergames, dubiose Abnehmmittel oder zweifelhafte Sexkontakt-Plattformen. Wo das für die Vermittlung zuständige Portal seinen Sitz hat, konnten auch Journalisten der "Welt" 2016 nicht herausfinden. Mehrere Adressen wurden gefunden, führten aber ins Nichts. Auch versuchte Kontaktaufnahmen erbrachten nichts Verwertbares.

Cashcow KinoX

Das Geschäft lief und läuft aber offenbar sehr gut. Kino.to-Betreiber Dirk B. konnte laut "Spiegel" in drei Jahren 6,7 Millionen Euro einnehmen. Geld, das an seine Komplizen gegangen ist, ist dabei nicht berücksichtigt. Auch KinoX.to ist offenbar eine sehr lukrative Unternehmung. Laut dem "Welt"-Bericht soll die Seite 2,5 Millionen Euro pro Jahr abwerfen. (gpi, 25.06.2018)