Lange galten Fruchtsäfte als gesund, heute sind sie als Kalorienbomben verschrien. Der Grund: Ihr hoher Gesamtzuckergehalt.

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Fruchtsäfte hatten auch schon einmal ein besseres Image. Sie gelten als Dickmacher, die darüber hinaus das Gichtrisiko erhöhen. Wissenschafter der Universität Kiel und Hohenheim in Stuttgart haben nun in zwei Studien herausgefunden, dass es sich dabei um einen Mythos handelt. Der regelmäßige Genuss von Orangensaft könne den Harnsäure-Spiegel sogar senken und somit Gicht entgegenwirken, lautet das Fazit der Forscher. Auch in puncto Kalorienbombe geben die Wissenschafter Entwarnung. Ihre Empfehlung: Ein Glas Fruchtsaft pro Tag ist kalorientechnisch völlig unbedenklich.

Für ihre Studien mussten 26 junge, gesunde Probanden 20 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs über zwei Wochen entweder mit koffeinfreier Cola oder mit Orangensaft decken. "Für die meisten Probanden waren das rund 1,2 Liter Saft oder etwa ein Liter Cola täglich", erklärt Studienleiter Reinhold Carle von der Universität Hohenheim. Im Sinne einer sogenannten Cross-over-Studie gab es für die Teilnehmer nach den ersten 14 Tagen eine Auswaschungsphase von einer Woche, dann stiegen die Orangensaft-Trinker auf Cola um und umgekehrt.

Vitamin C und Harnsäure

In der ersten Untersuchung stand die Frage im Mittelpunkt, wie Cola und Orangensaft die Harnsäure beeinflussen, die für das zunehmende Auftreten von Gichterkrankungen in den Industrienationen verantwortlich gemacht wird. Das Ergebnis: "Selbst bei diesem sehr hohen Konsum führte Orangensaft im Unterschied zu Cola zu keiner Beeinträchtigung des Glukosestoffwechsels. Der Harnsäurespiegel wurde sogar signifikant gesenkt. Für diesen Effekt kommt sowohl die Vitamin C-Aufnahme durch den Saft als auch dessen Gehalt an Flavonoiden, insbesondere Hesperidin, in Betracht," erklärt Ernährungsmedizinerin Anja Bosy-Westphal.

Eine mögliche Begründung: Vitamin C fördert die Ausscheidung von Harnsäure. Deshalb könnte der regelmäßige Verzehr von Orangensaft zur Prävention erhöhter Harnsäurespiegel (Hyperurikämie) beitragen, wie die Forscher betonen.

Nichts für Zwischendurch

In der zweiten Studie deckten die Probanden ebenfalls 20 Prozent ihres täglichen Energiebedarfs über Orangensaft ab, doch diesmal konsumierten sie zunächst zwei Wochen lang dreimal täglich 400 Milliliter Orangensaft zu den drei Mahlzeiten, das andere Mal nahmen sie den Saft zwischen den Mahlzeiten zu sich.

"Wir konnten zeigen, dass auch dieser sehr hohe Konsum keine negativen Auswirkungen auf das Körpergewicht hatte – wenn der Saft nicht zwischendurch, sondern zum Frühstück, Mittag- und Abendessen getrunken wurde", berichtet Bosy-Westphal. Bei einem Konsum zwischen den Mahlzeiten konnten die Wissenschafter dagegen einen leichten Anstieg des Körperfetts verzeichnen. (red, 21.6.2018)