In wenigen Zügen zum Großverleger: Horst Pirker.

Foto: Heribert Corn

Als Super-GAU der österreichischen Medienlandschaft – größter anzunehmender Unfall – galt der Zusammenschluss: die beiden schon marktbeherrschenden Magazingruppen des Landes vereint. Und weil die eine Magazingruppe dem Kurier gehörte, beteiligte sich ein Miteigentümer von Österreichs marktbeherrschendem Zeitungskonzern Mediaprint an dem fusionierten Zeitschriftenverlag.

Das war 2001, und vom "medialen Super-GAU" sprach etwa Horst Pirker, damals und noch lange Vorstandschef des Grazer Medienkonzerns Styria (Kleine Zeitung, Die Presse). Zusammen mit anderen Verlagen versuchte er, auch mit Klagen, "alles zu tun, um diese Fusion zu verhindern, die ein demokratie- und marktpolitischer Super-GAU war und ist." Das sagte Pirker vor eineinhalb Jahrzehnten, und: "Wir hatten keinen Erfolg." Bis vorigen Freitag.

Am 15. Juni 2018 wurden die neuen alten Eigentümer der Verlagsgruppe News ins Firmenbuch eingetragen – ohne Kurier: Die 25,3 Prozent des Kurier gehören demnach nun Horst Pirker (58) und der Gründerfamilie Fellner. Pirker hält nun 75 Prozent, die Fellners (Österreich, Oe24) 25.

Getrennt von "Kurier" und "Krone"

Der Link zur Mediaprint ist damit getrennt, die dem Kurier und der Krone gehört, der auflagen- und reichweitenstärksten Zeitung des Landes. Aber das war nur ein Kollateralgewinn in Pirkers großem Kunststück mit der Verlagsgruppe News.

grafik: STANDARD

Binnen zweier Jahren und mit wenig Geld wurde der Medienmanager Horst Pirker zum Mehrheitseigentümer von Österreichs größtem Magazinverlag. Die Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr verkaufte Pirker ihre rund 56 Prozent an der Mutter von News, Profil, Trend, Woman, TV-Media, Gusto, Autorevue und vielen anderen Magazinen. Der deutsche Konzern sah keine Chancen mehr in Wien und gab dem Kärntner kolportierte 15 bis 17 Millionen Euro mit auf den Weg. Abgeltung für "Altlasten" nannte er das. Die Eigentümer hätten über die brummenden Jahre alle Gewinne entnommen. Nun brauchte die ausgewundene Magazingruppe Kapital.

Pirker übernahm kein funkelndes Schmuckstück der Medienökonomie: Mitte 2014 hatte ihn der deutsche Mehrheitseigentümer als Geschäftsführer zur Wiener Zeitschriftengruppe geholt. In diesem Geschäftsjahr kippte die News-Gruppe nach Jahren stetig sinkender Gewinne und Auflagen so richtig in die Verlustzone. 2015 und 2016 gleich noch tiefer – beinahe zehn Millionen unter null, inklusive Kosten für die Restrukturierung. Ab Herbst 2016 kürzt Neo-Verleger Pirker ein Fünftel der News- Jobs und ein Zwölftel der Kosten.

Kaum zwei Jahre danach hält Pirker nun schon drei Viertel der News-Anteile – die rund 20 weiteren Prozente kosten ihn praktisch nichts. Denn er (und die Fellners) ziehen eine Option aus dem Super-GAU-Jahr 2001 über die Kurier-Anteile. Ihr Preis bemisst sich, 2001 vereinbart mit besten Aussichten auf fette Monopolgewinne, nach dem Geschäftsgang der Verlagsgruppe News in den vergangenen drei Jahren.

Zurück in schwarzen Zahlen

Im Geschäftsjahr 2017 soll das Ergebnis der Gruppe wieder ein Stück über der Nulllinie liegen. Umsatz: um die 83 Millionen, eines der größeren österreichischen Medienhäuser. Noch ist kein aktueller Jahresabschluss im Firmenbuch verfügbar.

Im Werbegeschäft etwa versucht sich die News-Gruppe als eine Art Beratung für interne und externe Kommunikation – ein auch wissenschaftliches Projekt Pirkers, der als Professor an der Grazer Karl-Franzens-Universität Entrepreneurship und angewandte Betriebswirtschaft lehrt.

Gratulationen zu seinem großen News-Kunstgriff würde Pirker zurückweisen: Die nähme er an, wenn außer Streit stünde, dass Zeitschriften und Zeitungen eine wirtschaftliche Zukunft haben.

In seinem Büro hingen lange Charts zur Entwicklung der Verkaufsauflagen deutscher Zeitungen und Zeitschriften. Bild verkaufte Mitte der 1980er Jahre fünf Millionen, 2017 waren es inklusive E-Paper 1,9 Millionen. Der Stern-Verkauf dampfte in der Zeit auf weniger als ein Drittel ein. Kein Bild des Optimismus. Doch Pirker muss an diese Zukunft glauben, sonst würde er sich nicht mit der News-Gruppe mühen.

News verkaufte laut österreichischer Auflagenkontrolle 1994 246.000 Hefte, 2017 111.000. Das erste Heft der Gruppe macht heute die größten Verluste. News muss nach einem missglückten Relaunch unter Pirkers Führung und einem Re-Relaunch weiter wesentlich sparen. Etwa mit zugekauften Storys aus dem Stern von Exgesellschafter Gruner+Jahr.

Eine Aufteilung der News-Titel unter den Gesellschaftern dürfte vorerst vom Tisch sein: Die Fellners sollen sich für News und TV-Media interessiert haben, der Kurier für Profil, das er 2001 in die Verlagsgruppe einbrachte. Die Profil-Redaktionsgesellschaft gehört der Zeitung noch heute, er bestimmt den Herausgeber. Auch ohne News-Anteile.

Die Trennung muss nicht von Dauer sein: Der Kurier versucht die Übertragung der Anteile rechtlich zu bekämpfen – auch Kurier-Insider zweifeln freilich am Erfolg. Und er soll sich nun ernsthafter bereit zeigen, Pirkers Forderung nach Kapitalzufuhr zu erfüllen wie Gruner+Jahr beim Ausstieg. Es soll um sechs Millionen Euro für "Altlasten" gehen. Der Super-GAU von 2001 wäre damit wiederhergestellt.

Der Super-GAU der Medienbranche fand inzwischen in Kalifornien statt: Google und Facebook und bald auch Amazon, die schon ein Fünftel der Werbegelder weltweit einnehmen, praktisch ohne Kosten für eigene Inhalte und Redaktionen. (Harald Fidler, 22.6.2018)