Wenn es um Krankheitsrisikos geht bietet die eigene Familiengeschichte wertvolle Hinweise. Woran sind die Großeltern, Eltern, Tanten und Onkeln erkrankt? Ist die einfache Grundfrage, die der Ausgangspunkt für eine individuelle Entscheidungen sein kann. Abgesehen von einem gesunden Lebensstil und die Inanspruchnahme von Früherkennungsmethoden könnten in Zukunft auch genetische Typisierungen eine Option werden.

Bei Brustkrebs gibt es bekannte Risikogene. BRCA1 und BRCA2 (BReast CAncer Gene 1 und 2, engl. für Brustkrebsgen 1/2) sind Gene, die jede Frau und jeder Mann von Geburt an trägt. Die Proteine, die nach Vorbild der Gene gebildet werden, besitzen eine wichtige Funktion bei der Reparatur von Zellschäden. Sie sind also daran beteiligt, die Entstehung von Krebs zu verhindern. Eine angeborene krankheitsassoziierte Veränderung, auch "Mutation" genannt, in einem dieser beiden Gene, beeinträchtigt die Reparaturfunktion der Proteine. Dies führt zu einer starken Risikoerhöhung an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken.

Hohes Risiko

Frauen, die eine Veränderung im BRCA1- oder BRCA2-Gen tragen, haben ein stark erhöhtes Risiko im Laufe des Lebens an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken. Nach dem heutigen Wissensstand liegt die Wahrscheinlichkeit bei einer Genveränderung an Brustkrebs zu erkranken bei bis zu 85 Prozent und die Wahrscheinlichkeit an Eierstockkrebs zu erkranken bei bis zu 53 Prozent. Viele Betroffene entscheiden sich deshalb für die Entfernung dieser Risikoorgane.

Am Deutschen Krebsforschungszentrum untersuchte man das Genom nach weiteren Risikogenen für Brustkrebs. Zahlreiche genetische Marker, die mit diesem familiären Brustkrebsrisiko assoziiert sind, liegen außerhalb der proteinkodierenden Bereiche des Genoms und wirken wahrscheinlich regulierend auf die Aktivität benachbarter Gene.

In einem großen internationalen Verbund haben Wissenschaftler nun genomweite Assoziationsstudien mit einer Abschätzung der Genaktivität kombiniert. So konnten sie 48 Gene identifizieren, deren Aktivität mit Brustkrebs-Risiko assoziiert ist. Darunter sind 14 Gene, die bislang noch nicht mit Brustkrebs in Verbindung gebracht worden waren. Die Funktionsuntersuchung dieser Gene kann weiteren Aufschluss geben über die Tumorbiologie von Brustkrebs und so möglicherweise Zielstrukturen für neue Therapien identifizieren.

Im Detail

Im Fokus der Forscher waren die winzigen Erbgut-Varianten, die sich nur in einem einzigen DNA-Baustein voneinander unterscheiden (SNPs "single nucleotide polymorphisms") auf eine Assoziation mit dem Brustkrebsrisiko. "Uns interessieren besonders solche SNPs, die mit der Genexpression im Brustgewebe assoziiert sind. Wir gehen davon aus, dass sie uns dabei helfen, Gene zu identifizieren, die durch veränderte Aktivität zur Brustkrebsentstehung beitragen", sagt Jenny Chang Claude vom Deutschen Krebsforschungszentrum.

Insgesamt wurden Erbgut-Analysen von 229.000 Frauen in die Untersuchung einbezogen, über die Hälfte davon war an Brustkrebs erkrankt. Studien solcher Größenordnungen sind notwendig, um statistisch gesicherte Aussagen zu den einzelnen SNPs machen zu können.

Am Ende hatten die Wissenschaftler 48 Gene identifiziert, deren veränderte Expression signifikant mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko assoziiert ist. 14 darunter waren bis jetzt noch nicht im Zusammenhang mit Brustkrebs bekannt. 13 der 48 Gene, die eine besonders starke Risikoassoziation aufwiesen, schalteten die Wissenschaftler in verschiedenen Brustkrebszelllinien gezielt aus. In elf Fällen hatte dies Veränderungen im Zellwachstum und in der Fähigkeit zur Koloniebildung zur Folge – beides gilt als wichtige Mechanismen in der Krebsentstehung. (red, 25.6.2018)