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Zu schwache Leitungen in Deutschland haben dazu geführt, dass an der Grenze zu Österreich ab Oktober ein künstlicher Stromengpass geschaffen wird.

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Wien – Die künstliche Auftrennung der gemeinsamen Strompreiszone mit Deutschland ab diesem Herbst wirft bereits Schatten auf Österreich. Strom zur Lieferung im Oktober wird in Österreich jetzt schon um rund drei Euro die Megawattstunde (MWh) teurer gehandelt als in Deutschland, das ist ein Preisaufschlag von rund sieben Prozent. Wie hoch die Preisdifferenz letztlich sein werde, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, sagte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber am Freitag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er geht davon aus, dass die Strompreiszone langfristig zerrissen bleibt.

Bundesnetzagentur machte Druck

Die Initiative dazu ist von der Bundesnetzagentur in Deutschland ausgegangen. Anzengruber erinnerte einmal mehr, dass der eigentliche Engpass im Stromnetz nicht an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland bestehe, sondern in Deutschland selbst. Norddeutschland hat wegen des starken Ausbaus erneuerbarer Energien zu viel Strom, Süddeutschland mit seiner starken Industrie zu wenig.

Zu schwache Leitungen zwischen Nord und Süd verhindern aber, dass der Strom aus dem Norden nach Bayern und Baden-Württemberg kommt. Wollte man das Problem beheben, hätte man quer durch Deutschland eine Strompreisgrenze setzen müssen mit der Folge, dass Strom in Norddeutschland billiger, in Süddeutschland teurer geworden wäre. Das war politisch nicht zu stemmen, weshalb man sich für einen künstlichen Engpass an der Grenze zu Österreich entschied.

Übertragungskapazität halbiert

Ab Oktober wird die Übertragungskapazität an der Grenze zu Deutschland von mehr als 10.000 auf 4.900 Megawatt halbiert und auktioniert. Anzengruber glaubt, dass Bayern und andere Bundesländer im Süden Deutschlands auf Versorgungsengpässe zusteuern, wenn 2022 auch das letzte der noch betriebenen sieben Atomkraftwerke abgeschaltet wird. Österreich könne dann auch nur mehr im Rahmen des Kapazitätsengpasses Strom nach Deutschland liefern.

Netto mehr Strom aus Deutschland

Österreich hat zuletzt deutlich mehr Strom aus Deutschland bezogen als nach Deutschland geliefert. Grund war der billige Strom, der in den großen Windparks im Norden Deutschlands produziert wird. Nicht selten begannen die Leitungen aufgrund der starken Beanspruchung zu glühen.

Anzengruber, der erst vorige Woche für weitere zwei Jahre an der Spitze von Österreichs größtem Stromkonzern bestätigt wurde, geht davon aus, dass der künstliche Stromengpass so lange bestehen bleibt, bis die geplanten und zum Teil in Bau befindlichen Nord-Süd-Leitungen realisiert sind. Das sei aber frühestens in zehn Jahren der Fall. (Günther Strobl, 22.6.2018)