(Kinderzimmer. Ein etwa siebenjähriger Knabe spielt mit einer großen Lego-Ritterburg. Sein Onkel tritt ein.)

ONKEL: Das ist aber eine schöne Ritterburg. Hast du die zusammengebaut?

KNABE: Ja, ganz alleine mit der Mama.

ONKEL: Super. Und jetzt?

KNABE: Jetzt spiele ich damit. (Spielt.)

ONKEL (sieht einige Zeit zu, dann): Das ist langweilig. Lass mich einmal. (Er drängt den Knaben zur Seite, hebt die Burg hoch und schmettert sie auf den Boden, dass sie in unzählige Einzelteile zerbricht.) So, und jetzt bauen wir sie wieder zusammen.

KNABE: Da brauchen wir aber die Anleitung.

ONKEL: Geh, Anleitung! Wir werden uns doch nicht bevormunden lassen! Bau einfach drauflos. Ich helf dir.

(Sie bauen. Ein kleines, windschiefes Gebäude entsteht.)

KNABE: Schön ist das nicht.

ONKEL: Zum Spielen reicht's.

KNABE: Stabil ist es auch nicht.

ONKEL: Na und? Wenn es zusammenfällt, brauchst du's nur wieder aufzubauen.

KNABE: Außerdem sind ganz viele Teile übrig.

ONKEL: Das ist ja das Gute! Die nehm' ich mit, weißt du. Die kann man sicher verkaufen. Es gibt immer Leute, die solche Einzelteile suchen. Und die Hälfte von dem Geld geb' ich dir. Dann kannst du dir wieder eine Ritterburg kaufen und wieder kaputtmachen und wieder die Teile verkaufen und so weiter, und irgendwann bist du ganz reich.

KNABE: Wirklich?

ONKEL: Das kannst du mir schon glauben. Schließlich bin ich Ökonomieprofessor.

(Vorhang)

(Antonio Fian, 22.6.2018)