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Nicht nur Wale leiden unter dem hohen Lärmaufkommen in den Meeren.

Foto: AP Photo/Michael Dwyer

New York/Wien – Negative Auswirkungen von Unterwasserlärm auf die Artenvielfalt in den Weltmeeren sind seit Montag Thema des Informellen-Konsultativtreffens (ICP) des UN-Seerechtsabkommens in New York. Eine effektive Gegenmaßnahme, die zudem Emissionen durch den Mitverursacher Schifffahrt reduzieren würde, wäre ein Tempolimit auf den Weltmeeren, sagte Nicolas Entrup, Sprecher der NGO OceanCare, gegenüber der APA.

"Tiefe Stille herrscht im Wasser" schrieb Goethe vor rund 200 Jahren – gegenwärtig ist aufgrund ständig zunehmenden Schiffsverkehrs, durch Schallkanonen bei der Suche nach Öl- und Gasvorkommen oder Militärsonare wenig davon zu bemerken. Zum Themenschwerpunkt "Anthropogener Unterwasserlärm" lud die UN diese Woche Experten und Staatsvertreter zum jährlichen ICP nach New York, um die daraus resultierenden Probleme und mögliche Lösungen zu besprechen. Die Ergebnisse des Treffens, das am Freitag endet, werden in einem Bericht der UN-Generalversammlung übermittelt. Inwieweit sich die UNO den Forderungen anschließen wird, entscheidet sich im Herbst, berichtete Entrup.

Realistischer Vorschlag

Eine Geschwindigkeitsreduzierung ist dabei durchaus kein realitätsferner Vorschlag, sondern wird in Vancouver (Kanada) im Projekt ECHO ab 1. Juli bereits gegenwärtig probeweise umgesetzt, um so die gefährdeten Schwertwale zu schützen, erläuterte Entrup. Laut OceanCare ist es vor allem auch intensiver, impulsiver Lärm, der zunehmend Sorge bereitet. Etwa der Explosionsschall aus Schallkanonen, der bis zu 260 Dezibel erreichen kann. Diese "Airguns" werden von Schiffen gezogen und über Wochen oder sogar Monate alle zehn bis 15 Sekunden gefeuert, um nach Öl und Gas zu suchen.

Bereits im Oktober 2017 verständigten sich die Mitgliedsstaaten der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten darauf, dass in Zukunft strikte Umweltverträglichkeitsprüfungen vor lärmerzeugenden Aktivitäten eingesetzt werden soll. Die Anwendung der Richtlinien dieses speziellen UN-Abkommens wurde auch in New York erneut eingefordert, sagte Entrup.

"Lärm bedroht nicht nur Wale, sondern auch Fische, Tintenfische und sogar Krill. Physische Schäden, Gehörverlust, herabgesetzte Fortpflanzungsraten und zelluläre Schäden sind nur einige der vielen schwerwiegenden Folgen", erklärte Sigrid Lüber, Präsidentin der internationalen Meeresschutzorganisation. Ihre Argumentation stützt eine Literaturstudie, für die die Meereswissenschafterin Lindy Weilgart von der Dalhousie University in Kanada 115 Publikationen zusammenfasst hat, in denen die Folgen von Unterwasserlärm auf 66 Fischarten und 36 Arten von Wirbellosen untersucht worden sind.

Hohe Sterblichkeit

Ein Ergebnis dieser Studien ist die hohe Sterblichkeit von Zooplankton, wenn diese Spezies dem Lärm ausgesetzt war. Zuletzt wurden die tödlichen Folgen im Juni 2017 in einer "Nature"-Publikation aufgezeigt. Diese Kleinstorganismen dienen als wichtige Nahrungsquelle für Fische und Korallen und sind bereits durch Klimawandel, Mikroplastik und Ozeanversauerung dezimiert.

In Folge gefährdet der Unterwasserlärm auch die Nahrungsmittelsicherheit, und auch die Fischereiverbände müssen daher mit sinkenden Fangquoten als Resultat des Lärms zurechtkommen, sagte Entrup. "Es ist davon auszugehen, dass man gegenüber der FAO (UNO-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation; Anm.) klar die Erwartung zum Ausdruck bringen wird, eine globale Untersuchung über die möglichen sozioökonomischen Auswirkungen des Unterwasserlärms auf die Fischerei und vor allem gegenüber Küstenfischergemeinden durchzuführen", berichtete der Experte aus New York. (APA, 22.6.2018)