Chancenlosigkeit ist eine Seltenheit.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wie so oft täuscht der Eindruck. Die bisherigen Spiele der Fußballweltmeisterschaft in Russland – bis Freitagabend waren immerhin mehr als vier Zehntel des Mammutprogramms abgespult – sind nicht schlechter als die Vorrundenpartien der Endrunden davor. Es gibt sogar Argumente dafür, dass sie im Durchschnitt besser sind, wenn man nicht nur vom reinen Unterhaltungswert ausgehen will. Und welcher echte Fußballfan will das, wo es doch der böse, böse Weltverband ist, der diesen durchaus ernsten Sport ins reinste Disneyland verwandeln will. Zugegeben, ein 1:0 ist kein Wunschergebnis, ärger ist nur noch ein 0:0, aber torlos ist in Russland gegenwärtig überhaupt nicht modern.

Knappe Ergebnisse lassen durchaus den Schluss zu, dass für die Endrunde qualifizierte Mannschaften tatsächlich etwas im Feld zu suchen haben. Chancenlosigkeit ist eine Seltenheit, fast jedes Spiel hätte quasi auch so statt so ausgehen können. Für die Ausreißer – Spanien vs. Portugal (3:3), Argentinien vs. Kroatien (0:3), Deutschland vs. Mexiko (0:1) – braucht sich auch niemand zu entschuldigen. Wem die Torlawinen abgehen, der möge warten, bis frisches Blut zugeführt und das Feld um 16 Mannschaften erweitert ist (2026), wobei es keine Garantie gibt, dass sich besonders viele Wehrlose darunter befinden werden. Denn der Sport entwickelt sich in der Breite offensichtlich rasanter, als die Spitze enteilen kann. (Sigi Lützow, 22.6.2018)