Ex-Kanzler Christian Kern (re.) versucht seinen Nachfolger Sebastian Kurz beim Arbeitszeitthema unter Druck zu setzen.

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Wien – SPÖ-Chef Christian Kern hat am Freitagabend bei oe24.TV bzw. in der Samstagsausgabe von "Österreich" ein Volksbegehren gegen den Zwölfstundentag nach den Plänen der Regierung nicht ausgeschlossen. "Wenn alles, was wir tun, nicht wirkt, ist auch das eine Variante", sagte Kern. Jetzt solle man aber erst die verschiedenen Aktionen abwarten, die ÖGB-Demonstration am 30. Juni und die SPÖ-Online-Petition.

Die Gewerkschaft mobilisiert bereits kräftig gegen den Zwölfstundentag.
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Auch für Gespräche stehe er immer zur Verfügung. Flexibles Arbeiten müsse aber arbeitnehmerfreundlich sein. Laut dem derzeitigen Gesetzesentwurf zum Zwölfstundentag würde es jedoch eine "glasklare Verschlechterung" für die Arbeitnehmer geben, weil eine ganze Ebene, die Betriebsräte, wegfallen würden. "Wenn der Einzelne dem Unternehmer gegenübertritt, ist er immer in der schwächeren Position".

Proteste laufen an

Er selbst werde am kommenden Samstag auch an der Großdemonstration in Wien teilnehmen, kündigte Kern an. Es sei aber eine Demonstration der Gewerkschaft.

Der Protest der Gewerkschaft läuft nach und nach an. Am Freitag fand bereits eine erste große Betriebsrätekonferenz statt. Ab Montag sollen Betriebsversammlungen folgen. In weiterer Folge sind Demonstrationen angesetzt. Ob es auch großflächige Streiks geben wird, hat die Gewerkschaft bisher offen gelassen.

"Interpretationsfehler" beseitigen

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hat indes bekräftigt, dass der Gesetzesentwurf zur Arbeitszeit-Flexibilisierung präzisiert werden soll. Man werde das "politische Kernziel" der Freiwilligkeit beim Zwölfstundentag in das Gesetz hineinschreiben, sagte Strache im Ö1-"Mittagsjournal" am Samstag.

"Wir werden das noch einmal präzisieren, damit keine Interpretationsfehler möglich sein können", so der FPÖ-Obmann. Freiwilligkeit sei "der entscheidende Punkt". Man werde "das Prinzip der gesetzlich gewährleisteten Freiwilligkeit aus persönlichen Gründen, die nicht näher zu begründen sind" gewährleisten, garantierte Strache das Recht auf Ablehnung der elften und zwölften Arbeitsstunde ohne Angabe von Gründen.

Größere Freizeitblocks

Gleichzeitig betonte der Vizekanzler einmal mehr, dass es "viele Arbeitnehmer" gebe, die länger arbeiten wollen, um dann entweder einen Freizeitblock zu genießen und etwa drei Tage am Stück freizunehmen – oder eben mehr zu verdienen.

Der geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder bezeichnete Straches Aussagen als "Verhöhnung" der Arbeitnehmer. Besonders verärgert zeigte sich Schieder darüber, dass Strache am Samstag erklärte, er wolle die "Freiwilligkeit" in den Erläuterungen "präzisieren" – bei einem Initiativantrag gebe es aber keine Erläuterungen. Strache sei "seinem Ruf als Arbeiterverräter wieder einmal voll und ganz gerecht geworden ist", so Schieder.

"Foul gegen Beschäftigte"

Kritik am Vorhaben der Arbeitszeitflexibilisierung kam einmal mehr auch von SP-Sozialsprecher Josef Muchitsch: "Die Fouls gegen die Beschäftigten, die in diesem Gesetz versteckt sind, werden täglich mehr, da hilft auch kein 'Scheinzurückrudern' von (Bundeskanzler Sebastian, Anm.) Kurz & Strache. Die nach massiven Protesten in Aussicht gestellte 'Freiwilligkeit' beim Zwöflstundentag und der 60-Stunden-Woche macht den Anschlag auf die Arbeitnehmer keinen Deut besser, denn wie oft kann man denn Überstunden ablehnen, ohne gefährdet zu sein, den Arbeitsplatz zu verlieren", so der Abgeordnete in einer Aussendung.

"Entlarvend" sei auch, "dass Kurz, Strache und ihre Abgeordneten einem Husch-Pfusch-Gesetz zustimmen, ohne sich vorher damit befasst zu haben". Es stelle sich die Frage, wer denn "diesen Gesetzes-Pfusch überhaupt geschrieben" habe, so Muchitsch. Von Kurz und Strache erwarte er sich "Aufklärung", ob die "Gerüchte" stimmen, dass der Entwurf aus der Wirtschaftskammer stamme. (APA, red, 23.6.2018)