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Ließ sich im Strafraum fallen wie ein nasser Kartoffelsack: Neymar.

Foto: Reuters/Smith

St. Petersburg – Stunk mit dem Schiri, Knatsch mit den Kollegen – es hätte nur noch gefehlt, dass sich auch der große Romario echauffierte. Brasiliens Fußball-Idol konnte allerdings gut verschmerzen, dass ihm "Lausbub" Neymar den Rang in der ewigen Torjägerliste ablief. "Ich bin mir sicher", sagte der 52-Jährige sogar, "dass du bei dieser WM noch Großartiges leisten wirst".

Die Botschaft aus der Heimat dürfte der streitbare Neymar wie Balsam für die Seele aufgenommen haben. Denn obwohl er beim 2:0 (0:0) gegen Costa Rica eine ansehnliche Leistung abgeliefert hatte und mit dem 56. Treffer im Trikot der Selecao Romario überflügelte, sah er sich mal wieder Kritik ausgesetzt. Von allen Seiten.

"Neymar ist ein Nervenbündel"

"Neymar ist ein Nervenbündel und kann das vor keinem verstecken. Die Selbstkontrolle zu verlieren, kann Brasilien teuer zu stehen kommen", schrieb die Zeitung Estado de Sao Paulo. Das Blatt spielte dabei auf Neymars anhaltende Diskussionen mit dem Unparteiischen Björn Kuipers an, bei denen sich der 222-Millionen-Euro-Angreifer teilweise wie ein Flegel aufgeführt hatte.

Dabei hatte Kuipers (auch dank der Unterstützung des Videoassistenten) stets die richtige Entscheidung gefällt. Auch, als Neymar beim Stand von 0:0 mit einer peinlichen Schwalbe einen Strafstoß hatte schinden wollen (78.). Einen Wutausbruch Neymars musste in der Halbzeitpause schon Mitspieler Marcelo stoppen.

Dafür wurde der niederländische Schiedsrichter auch gefeiert. Bester Mann auf dem Feld", schrieb etwa das niederländische Portal voetbalinside.nl. Auch auf Twitter wurde Kuipers, der als Geschäftsmann arbeitet und seit 2005 in der ersten niederländischen Liga pfeift, gelobt. Der Schiedsrichter-Podcast "Collinas Erben" würdigte ihn genauso wie etliche andere.

Neymar geriet später – fairerweise muss gesagt sein, dass er mitunter wirklich am Rande des Erlaubten attackiert worden war – mit Kapitän Thiago Silva aneinander. Weil dieser, wie es sich für einen reifen und vor allem fairen Sportsmann nunmal gehört, den Ball nach einer Verletzungspause zum Gegner spielte. "Da hat er mich sehr beschimpft und mich damit wirklich traurig gemacht", schilderte Silva die Szene.

Ruhe nach dem dem Schlusspfiff

Zur Ruhe kam Neymar erst im Moment des Schlusspfiffs. Als die brasilianischen Fans "O campeao voltou" sangen, die Champions also "wieder da" waren, sank Neymar am Mittelkreis auf die Knie. Der 26-Jährige schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte hemmungslos. Eine Riesenlast fiel in diesem Augenblick von seinen Schultern.

"Nicht alle wissen, was ich durchgemacht habe, um es bis hierher zu schaffen", schrieb Neymar kurz nach dem Spiel auf Instagram: "Gut reden kann jeder, selbst ein Papagei. Aber es dann auch machen – das schaffen nur wenige!" Die Tränen seien daher einzig und allein "aus Freude, aus Überwindung, wegen des Durchhaltens und des Siegeswillens" geflossen.

Der Sieg gegen die Ticos, die gegen den Offensivstar der Südamerikaner nichts unversucht ließen, glich einer Erlösung. Neymar fuhr darum mehr als erleichtert fort: "Der Traum geht weiter. Glückwunsch an die Jungs. Ihr seid einfach nur geil."

Im weiteren Turnierverlauf wird Neymar die Gelegenheit bekommen, das selbst unter Beweis zu stellen. Die Aussichten auf die K.o.-Runde sind gut, laut Trainer Tite wird der Star des fünfmaligen Weltmeisters auch "noch zulegen und 100 Prozent erreichen".

Davon ist übrigens auch Romario überzeugt. Zwar habe Neymar "noch nicht gezeigt", zu was er in der Lage sei, schrieb Romario auf Twitter. Aber der Knoten ist geplatzt, "das erste Tor ist da und ich habe den festen Glauben, das weitere folgen. Lausbub', gib alles!!!" (sid, 23.6.2018)