Bild nicht mehr verfügbar.

Der britische Außenminister Boris Johnson warnt Premierministerin Theresa May: May müsse den Austritt aus der EU komplett vollziehen und ihr Land nicht durch Kompromisse in ein "Niemandsland" führen.

Foto: Reuters/Simon Dawson

Laut Veranstaltern kamen 100.000 Menschen auf die Straßen, um gegen den Brexit zu demonstrieren.

Foto: APA/AFP/NIKLAS HALLE'N

Bild nicht mehr verfügbar.

Organisator war die Anti-Brexit-Kampagne "People's Vote", die eine neue Volksabstimmung fordert – dieses Mal über das Austrittsabkommen.

Foto: HENRY NICHOLLS/Reuters

London – Exakt zwei Jahre nach dem Brexit-Referendum haben Zehntausende Menschen in London gegen den Ausstieg aus der Europäischen Union demonstriert. Die Veranstalter sprachen sogar von mindestens 100 000 Teilnehmern, die bei Sonnenschein durch Teile der Hauptstadt bis zum Parlament in Westminster marschierten.

Organisator war die Anti-Brexit-Kampagne "People's Vote", die eine neue Volksabstimmung fordert – dieses Mal über das Austrittsabkommen.

Hunderte bei Gegendemonstration

An dem Marsch beteiligten sich Menschen unterschiedlicher Nationen. "Ich habe eine italienische Frau, ich selbst arbeite in Cambridge und sie in Rom", sagte ein 62-jähriger Computerspezialist. Auch viele Mitglieder der oppositionellen Labour-Partei, der Liberaldemokraten, aber auch einige der regierenden Konservativen nahmen teil.

Hunderte Brexit-Anhänger besuchten eine Gegendemonstration in Westminster, bei der unter anderem Fahnen der rechtspopulistischen Ukip-Partei und anderer Gruppierungen geschwenkt wurden.

"Der Brexit ist noch nicht endgültig und nicht unvermeidlich, der Brexit kann rückgängig gemacht werden", sagte der Chef der oppositionellen Liberaldemokraten, Vince Cable, bei einer Kundgebung vor Westminster Palace. "Das Votum, das vor zwei Jahren stattgefunden hat, ist nicht für immer."

Laut einer aktuellen Umfrage sind zwei Drittel der Briten der Ansicht, die Wähler sollten das letzte Wort über das noch nicht vorliegende Brexit-Abkommen mit der EU haben.

Johnson will keinen Klopapier-Brexit

Brexit-Hardliner im Kabinett verteidigten anlässlich des Jahrestags den geplanten EU-Ausstieg in einem sehr scharfen Ton. Außenminister Boris Johnson griff in der Zeitung "The Sun" direkt Premierministerin Theresa May an. Er forderte sie dazu auf, keinen "halbherzigen Brexit" abzuliefern. Johnson warnte vor einem "Klopapier-Brexit", der "weich, nachgiebig und scheinbar unendlich lang" sei. Für seine Wortwahl wurde er von verschiedenen Seiten heftig kritisiert.

Handelsminister Liam Fox und Brexit-Minister David Davis betonten, dass auch der EU-Ausstieg ohne Abkommen eine echte Option für ihr Land sei. Dies sei kein Bluff, sagte Fox dem Sender BBC.

Die Briten hatten am 23. Juni 2016 mit knapper Mehrheit – 52 zu 48 Prozent – für die Scheidung von der EU gestimmt. Die ungefähr gleichmäßige Aufteilung der Wähler in EU-Gegner und EU-Befürworter hat sich auch zwei Jahre nach dem Referendum kaum geändert. Ein leichter Vorteil bei EU-Befürwortern in aktuellen Umfragen ist Experten zufolge auf Bewegung bei Nichtwählern zurückzuführen.

Schleppende Verhandlungen

Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel verlaufen sehr schleppend. Dabei will Großbritannien bereits Ende März 2019 die Staatengemeinschaft verlassen. Die Regierung ist zwar weiter auf dem Kurs eines harten Brexits mit Ausstieg aus Zollunion und Binnenmarkt, allerdings ist sie auch zerstritten. Unternehmen wie Airbus und BMW werden zunehmend nervös und monieren einen Mangel an Planungssicherheit für ihre Produktionsstätten in Großbritannien.

Premierministerin May hatte vor einem Jahr den Austrittsantrag in Brüssel eingereicht. Damit begann eine zweijährige Frist, innerhalb derer die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU ausgehandelt werden müssen. Entscheidende Hürden sind die Zukunft der Grenze zwischen Nordirland und Irland sowie Regelungen für den grenzüberschreitenden Handel, wenn Großbritannien den EU-Binnenmarkt verlässt. (APA, AFP, 23.6.2018)