"Als ich diese Show bekommen habe, war mir klar, dass ich die Möglichkeit habe, ein Thema tiefgehend zu behandeln, unterschiedliche Standpunkte zu erforschen und euch eine ausgewogene Meinung zu präsentieren, die alle Graubereiche abdeckt. Aber das will ich nicht!" Viel besser, als sie es selbst tut, kann man Michelle Wolfs neue Sendung The Break with Michelle Wolf (neue Folgen immer sonntags auf Netflix) nicht beschreiben.

Wolf, bekannt aus Late Night with Seth Meyers und durch ihre zum Skandal aufgeblasene Rede beim Dinner der Korrespondenten des Weißen Hauses, schert sich nicht um Differenzierung, Fairness oder gar Stil. Comedian Wolf ist derb und trägt nicht zu einem konstruktiven Diskurs über Politik bei.

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Aber wer will das schon? Wir kümmern uns doch alle tagein, tagaus mit größter Mühe darum, unsere Mitmenschen zu verstehen, ihnen nicht zu nahe zu treten, die Gräben in der Gesellschaft zu überbrücken und auch einmal außerhalb der eigenen Blase zu denken. Also, fast alle. Ziemlich viele. Einige, zumindest. Himmel, irgendjemand wird es schon tun, oder?

Für genau diese Fairnessfanatiker und Grauzonengenießer ist The Break gemacht: Sie dürfen Pause machen von der Differenziertheit und Wolf dabei zuschauen, wie sie rücksichtslos polemisiert, verzerrt und bodyshamt (aber nur gegen Männer, solange das Patriarchat noch intakt ist). Oft genug trifft sie damit ins Schwarze, wenn auch (noch) nicht jede Pointe sitzt.

Allen, die einen Ausgleich der Ausgeglichenheit suchen, sei The Break empfohlen, alle andere dürfen sich schämen gehen. An Wolfs Stimme gewöhnt man sich übrigens, versprochen. (Sebastian Fellner, 25.6.2018)