In Addis Abeba werden Verletzte versorgt.

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Zwei fast gleichzeitige Anschläge auf amtierende Regierungschefs haben am Wochenende den afrikanischen Kontinent erschüttert. Obwohl die beiden am Samstagnachmittag verübten Attentatsversuche in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba und der simbabwischen Provinzhauptstadt Bulawayo vermutlich nichts miteinander zu tun hatten, weisen sie bemerkenswerte Parallelen auf.

Beide Anschläge galten erst kürzlich an die Macht gekommenen Regierungschefs, die einen Schlussstrich unter die gescheiterte Politik ihrer Vorgänger ziehen wollen: in Äthiopien der im April eingesetzte Premierminister Abiy Ahmed, in Simbabwe der nach einem Putsch Ende vergangenen Jahres eingesetzte Präsident Emmerson Mnangagwa.

Beide Anschläge ereigneten sich während öffentlicher Auftritte der Regierungschefs: Der 41-jährige Premierminister Abiy trat zum ersten Mal vor Zigtausenden von Anhängern im Zentrum der äthiopischen Hauptstadt auf, während der 75-jährige Mnangagwa seine erste Wahlkampfveranstaltung in der oppositionellen Hochburg in Bulawayo bestritt. Beide Politiker kamen mit dem Schrecken davon.

Während in Simbabwe mehrere hochrangige Regierungsmitglieder leicht verletzt wurden, kamen in Äthiopien zwei Kundgebungsteilnehmer ums Leben, mehr als 150 Personen sollen verletzt worden sein – die meisten von ihnen allerdings im Chaos, das nach der Explosion ausgebrochen war.

In Berichten aus Addis Abeba heißt es, ein Mann habe kurz nach der Rede Abiys eine Granate auf die Bühne werfen wollen, sei jedoch im letzten Moment daran gehindert worden. Im Getümmel wurden dutzende Menschen niedergetrampelt, der Premier selbst wurde in Sicherheit gebracht. Augenzeugenberichten zufolge verhafteten die Sicherheitskräfte mindestens vier Personen. Auch der Vizepolizeichef wurde später festgenommen. Ihm wird Versagen bei der Sicherung der Veranstaltung vorgeworfen.

Ethnischer Zank in Äthiopien

Abiy hatte seine Amtszeit mit einer Reihe atemberaubender Reforminitiativen begonnen: Er ließ Hunderte von politischen Häftlingen frei, beendete das Notstandsrecht und kündigte sowohl wirtschaftliche Reformen als auch eine Aussöhnung mit Erzfeind Eritrea an. Die Politik des ersten, dem Mehrheitsvolk der Oromo angehörenden Premiers stieß in weiten Teilen der Bevölkerung auf Euphorie, in jüngster Zeit zeichnete sich allerdings auch ab, dass einflussreiche Angehörige der Bevölkerungsminderheit der Tigre, die in dem ostafrikanischen Staat seit fast drei Jahrzehnten die Fäden zogen, über den neuen Kurs unglücklich sind. Beobachter halten es deshalb für wahrscheinlich, dass hinter dem Anschlag Kreise des noch immer von den Tigre, die um ihre Privilegien fürchten, dominierten Sicherheitsapparats stehen.

Richtungsstreit in Simbabwe

Ein ähnliches Szenario könnte sich auch hinter dem Anschlag auf den simbabwischen Präsidenten Mnangagwa verbergen. In Bulawayo explodierte der ferngesteuerte Sprengsatz, als der Staatschef seine Rede beendet hatte und vom Podium zum VIP-Zelt getreten war. Von der Explosion wurden die beiden Vizepräsidenten leicht verletzt; mehrere Funktionäre der Regierungspartei Zanu/PF mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Spannungen innerhalb der Zanu/PF könnten hinter diesem Anschlag stehen, sagen Beobachter. An einer Sabotage der Wahl am 30. Juli könne nur Kräften gelegen sein, die die Demokratisierung Simbabwes verhindern wollten, heißt es in Harare. (Johannes Dieterich, 25.6.2018)