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Die hohen Spannungen im Welthandel gefährden das Wachstum. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Biz) warnt vor einem Teufelskreis aus Zöllen und Währungsabwertungen.

Foto: Reuters/Ivan Alvarado+

Wien – Die Wirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren erholt, der Aufschwung gefestigt. Die globalen Wachstumsraten liegen nahe an ihren langfristigen Durchschnittswerten, bevor die Finanzkrise das System ins Wanken brachte. Die treibende Kraft dafür waren neben dem privaten Sektor vor allem die Zentralbanken, die mit ihrer expansiven Geldpolitik das Wachstum angekurbelt haben. Darin liegt nun aber auch die Krux, hält die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Biz) in ihrem Jahresbericht fest.

Den Notenbanken stellt Biz-Direktor Agustín Carstens insgesamt zwar ein gutes Zeugnis aus. Mit ihrer expansiven Geldpolitik hätten sie eine Wiederholung der Großen Depression verhindert. Doch wegen der bereits getroffenen Maßnahmen dürfte es den Zentralbanken zunehmend schwerfallen, gleichzeitig für Finanz- und Preisstabilität zu sorgen. Ihr Handlungsspielraum sei deutlich kleiner als vor der Finanzkrise. Das erschwere Lockerungsmaßnahmen bei neuen Erschütterungen. "Um Handlungsspielraum zurückzugewinnen, ist in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften die Normalisierung der Geldpolitik unabdingbar", hält Carstens in seinem Redetext fest.

Schulden sind massiv gestiegen

Zudem hat diese Geldpolitik in den vergangenen Jahren auch dazu geführt, dass sich die privaten und öffentlichen Bilanzen aufgebläht und die Schulden zugenommen haben. Weltweit ist der Schuldenstand im Vorjahr auf 217 Prozent des globalen BIP gewachsen (2016: 204 Prozent). Das kann zum Problem werden, wenn die Zinsen steigen und der Schuldendienst teurer wird. Die Fiskalpolitik ist laut Biz also angehalten, die öffentlichen Finanzen auf eine solide Basis zu stellen.

Auch im privaten Sektor droht im Fall steigender Zinsen Gefahr. So sind etwa die Immobilienpreise in vielen Ländern massiv gestiegen, und entsprechend stark haben sich private Haushalte verschuldet. Auch an den Finanzmärkten seien die Bewertungen bereits sehr hoch.

Dennoch gelte es, die Gunst der Stunde zu nutzen, um das Wirtschaftswachstum auf nachhaltige Beine zu stellen. Hier mahnt das Biz strukturpolitische Reformen ein – etwa im Bereich Arbeitsmarkt oder Wettbewerbspolitik.

Teufelskreis aus Zöllen und Währungsabwertungen

Denn die protektionistischen Maßnahmen bergen laut Carstens die Gefahr eines Abschwungs. Allein schon die Ankündigung von Maßnahmen führe zu einer zurückhaltenderen Investitionspolitik. Zudem sind in den vergangenen 20 Jahren komplizierte weltweite Wertschöpfungsketten entstanden, die sehr abhängig vom Handel mit halbfertigen Produkten wären. Mit der Einführung von Handelszöllen droht ein Teufelskreis, in dem die Beziehungen zwischen Ländern leiden. Treffen würde das auch die Währungen, weil sie abwerten.

Stichwort Währungen: Auch ein stärkerer Dollar würde Gespräche über den Handel mit den USA erschweren, heißt es im Biz-Bericht. Die Stärke der US-Währung spielt auch für die Geldströme eine wichtige Rolle. So ist der Wertverlust des Dollars (von Dezember 2016 bis März 2018 hat der Dollar acht Prozent verloren) vor allem den aufstrebenden Volkswirtschaften zugutegekommen. Mit einer Dollaraufwertung kämen diese Länder wegen der Abflüsse von Portfolioinvestitionen erneut unter Druck. Zuletzt haben das bereits Argentinien und die Türkei zu spüren bekommen, als es im Mai zu einem plötzlichen Stopp der Portfoliozuflüsse kam und damit die Trendumkehr eingeleitet wurde.

Auf Bigtechs achten

Nicht so gut weg kommen die Banken. Die Bilanzen vieler Häuser hätten sich zwar verbessert und Basel III mache das System widerstandsfähiger. Doch nicht überall (etwa in Italien) haben sich die Banken erholt und ihr Geschäftsmodell an neue Gegebenheiten angepasst. Das Vertrauen des Marktes in den Sektor könne daher bei relativ kleinen Schocks schon schwinden. Veränderungen im Sektor gehörten zudem genau beobachtet. Dabei gehe es nicht nur um Fintechs, sondern vor allem um Bigtechs. Das sind die großen Tech-Konzerne mit riesigem Kundenstamm im Einzelhandel – Amazon, Alibaba oder Apple – und ihrer wachsenden Bedeutung als Anbieter von Finanzdienstleistungen. Sie können traditionelle Anbieter in deren Existenz gefährden. Ein Paradigmenwechsel könnte hier bevorstehen. (Bettina Pfluger, 24.6.2017)