Wenn der Bundeskanzler den Begriff der "Achse der Willigen" verwendet, zeugt das von mehr als nur Geschichtsunwissen oder dem gar blöden Zufall.

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Wenn der Bundeskanzler eines Landes, das am Holocaust beteiligt war, im Gedenkjahr dieses Verbrechens an der Menschlichkeit wortreich die verübten Gräueltaten bedauert und bald danach den Begriff der "Achse der Willigen" – unter anderem zwischen Wien und Rom – bemüht, der halt leider in eindeutiger Weise besetzt ist, zeugt das von mehr als nur Geschichtsunwissen oder dem gar blöden Zufall. Wenn derselbe Kanzler sich, sobald er mit dieser augenfälligen Diskrepanz von Haltung und Handlung konfrontiert wird, mit den Worten verteidigt, er lasse sich den Begriff nicht von Nazis wegnehmen, geschieht zweierlei.

Einerseits wird hier ein gewisses Verkennen der historischen Zeitabfolge erkennbar. Die Nazis, die Sebastian Kurz angeblich den Achsenbegriff wegnehmen wollten, sind schon lange tot. Gewiss, zu deren Wirkungszeit war er noch nicht geboren, aber das ändert recht wenig an der Reihenfolge des Achseneinsatzgebietes. Zuerst der Nationalsozialismus, und danach der Bundeskanzler.

Anderseits beginnt ein gut geölter Mechanismus zu greifen. Die Ausfallschritte sind ja lange genug geübt worden. Vordribbeln, hintreten, bei Reaktion das Opfer spielen, das ganz bedauerlich missverstanden wurde. Und den Mitleidsbonus einstreifen, während die Grenzen des Unduldbaren weiter nach rechts außen verschoben werden, bis man mit der Nase an der Wand steht. Willig und achsenzuckend. (Julya Rabinovich, 24.6.2018)