"Es muss sich etwas ändern"

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Sotschi – Das Statement der Schweden hatte es in sich, die Worte von Jimmy Durmaz waren bewegend. Mit verschränkten Armen versammelte sich die gesamte Mannschaft vor dem Training vor Journalisten und Zuschauern, als der so übel beschimpfte Nationalspieler das Wort ergriff.

"Es gehört zu unserem Job, kritisiert zu werden, Tag für Tag. Aber ein Teufel genannt zu werden oder Selbstmordattentäter sowie Beleidigungen gegen Familie und Kinder sind völlig inakzeptabel. Ich bin schwedisch und stolz darauf, das Trikot und die Flagge zu tragen", sagte Durmaz und schloss mit den Worten: "Wir sind vereint. Wir sind Schweden, oder Jungs?" Dann antworten alle: "Fuck Racism!" und klatschen.

"Es muss sich etwas ändern"

Durmaz war nach seiner Rede sichtlich bewegt. Viele Mitspieler nahmen ihn in den Arm. "Mich hat das unglaublich berührt. Es gab zuletzt viel Rassismus in Schweden, es muss sich etwas ändern", sagte Stürmer Marcus Berg stellvertretend für die gesamte Mannschaft.

Der Fall Durmaz schlug in Schweden am Sonntag hohe Wellen. Der schwedische Fußballverband kündigte nach den wüsten Beschimpfungen und Morddrohungen gegen den Mittelfeldspieler an, Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten. Und auch Ministerpräsident Stefan Löfven verurteilte die Beleidigungen aufs Schärfste. "Das ist so erbärmlich", sagte Löfven im schwedischen Fernsehen.

Was war passiert? Durmaz wurde von vielen Schweden zum Sündenbock für die unglückliche Niederlage gegen Deutschland gemacht. Der Mittelfeldspieler sah sich nach dem Foul an Timo Werner, das in der Nachspielzeit zum entscheidenden Freistoß für das deutsche Team führte, im Internet einem üblen Shitstorm ausgesetzt. Innerhalb weniger Minuten nach dem Spiel erhielt der 29-Jährige mit türkischen Wurzeln in den sozialen Netzwerken Tausende Kommentare, darunter etliche rassistische Anfeindungen.

Kein Schatten

"Wir dulden es nicht, dass ein Spieler Bedrohungen und Verletzungen ausgesetzt ist", begründete Verbandsgeneralsekretär Hakan Sjöstrand das juristische Vorgehen – und hatte damit die volle Rückendeckung des gesamten Teams. "Es fällt kein Schatten auf Jimmy, es gibt nichts Böses über ihn zu sagen. Wir gewinnen als Mannschaft, und wir verlieren als Mannschaft", sagte Albin Ekdal vom Hamburger SV. Stürmer John Guidetti meinte: "Er rennt und kämpft das ganze Spiel. Es ist total idiotisch, ihn dafür zu hassen."

Neben den Verunglimpfungen gibt es allerdings auch viele Beiträge, die sich vom Hass distanzieren und Durmaz ermutigende Grüße senden. "Jimmy ist eine unglaublich starke und stabile Person und unglaublich wichtiger Spieler für unsere Nationalmannschaft", sagte Sjöstrand. Es sei "erfreulich zu sehen, dass Jimmy Durmaz jetzt so viel Liebe von unseren Unterstützern bekommt – die überwältigende Mehrheit sind die coolsten, vernünftigsten Menschen, die das Team unterstützen und nicht drohen und hassen". (sid, 24.6.2018)