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Eder schoss Portugal 2016 zum EM-Titel.

Foto: REUTERS/Christian Hartmann

Saransk – Einwechslung, Tor, Titelgewinn: Portugals EM-Held Eder kann es noch immer. Anfang Mai schoss er Lokomotive Moskau als Joker zur ersten Meisterschaft seit 18 Jahren und weckte in der Heimat Erinnerungen an die magische Nacht von Paris. Für eine WM-Nominierung reichte das nach zwei turbulenten Jahren aber nicht mehr. Wenn Cristiano Ronaldo und Co. derzeit in seiner Wahlheimat Russland auf Titeljagd gehen, ist Eder nur Zuschauer.

Rückblende: Am 10. Juli 2016 lief die 109. Minute des Endspiels gegen Gastgeber Frankreich, als sich Ederzito Antonio Macedo Lopes ein Herz fasste und traf. Einwechslung, Tor, Titel: Plötzlich war Eder weltberühmt, obwohl er vorher immer nur eine Nebenrolle gespielt hatte. "Nicht der schöne Schwan hat heute getroffen", sagte Nationaltrainer Fernando Santos damals, "sondern das hässliche Entlein".

Harte Jugend

Eders Zukunft glitzerte an jenem Tag golden – doch es kam anders. Beim OSC Lille enttäuschte er in der Saison 2016/17 und wurde nach einem Trainerwechsel nach Moskau ausgeliehen. Dort lief es nicht viel besser. Sein Titel-Tor gegen Zenit St. Petersburg war erst Eders vierter Treffer für Lokomotive im 26. Spiel.

Wenige Wochen nach der EM hatte Eder zudem die unfassbare Geschichte seiner Jugend enthüllt. "Als ich zwölf Jahre alt war, kam mein Vater ins Gefängnis. Ihm wurde der Mord an meiner Stiefmutter vorgeworfen, er bekam 16 Jahre", erzählte er im portugiesischen Fernsehen. Sein Vater bestritt die Tat. Seit er eigenes Geld verdiene, so Eder, besuche er ihn so oft wie möglich im Gefängnis.

"Mr. International"

Auf die Frage, ob er daran gedacht habe, mit dem Fußball aufzuhören, sagte der in Guinea-Bissau geborene Eder in dem TV-Interview: "Ja, ich habe darüber nachgedacht."

Eder biss sich durch, wurde Fußballprofi und erfüllte sich so seinen größten Traum. Im Winter 2012 landete er fast beim 1. FC Köln. Stattdessen wechselte er von Academica de Coimbra zu Sporting Braga, anschließend zu Swansea City und von dort nach Lille.

Er sei "Mr. International", sagte Eder einmal, seine Verwandtschaft sei auf der ganzen Welt verstreut. Das passt zu seiner Karriere, die ihn auch nach dem umjubelten Tor im EM-Finale nicht zur Ruhe kommen ließ. 30 Jahre alt ist er inzwischen, das Kapitel Nationalmannschaft hat er noch nicht abgehakt. Vor der WM gehörte er immerhin zum vorläufigen Aufgebot von Trainer Fernando Santos, wurde dann aber gestrichen. Dabei ist er noch immer für späte Tore gut. So wie damals, in der magischen Nacht von Paris. (sid, 25.6.2018)