Matej Tonin, Parlamentspräsident.

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Seine Ernennung hätte niemand erwartet. Am Freitag wurde der 35-jährige Chef der Partei Neues Slowenien, Matej Tonin, zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Das christlich-konservative Neue Slowenien (NSi) war bisher immer so etwas wie der "natürliche" Koalitionspartner der nationalkonservativen SDS von Janez Janša. Doch diesmal wurde Tonin von den Mitte-links-Parteien unterstützt. "Das gesamte Szenario ist ein Symptom der Wahlergebnisse", meint der Politologe Marko Lovec von der Universität Ljubljana. "Die Parteien links der Mitte sind fragmentiert, und die Mitte-rechts-Parteien haben nicht ausreichend Stimmen für eine Koalition."

Nach der Wahl am 3. Juni konnten sich die Mitte-links-Parteien wegen ihrer Fragmentierung nicht auf einen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten einigen, der aus den eigenen Reihen kommt. Der Schritt hat auch mit der Regierungsbildung zu tun. Denn die Mitte-links-Parteien brauchen für eine Koalition entweder die NSi oder die Linke. Doch die Linke hat teilweise so radikale Positionen – sie fordert etwa eine Abstimmung über eine Nato-Mitgliedschaft –, dass eine Koalition eher unwahrscheinlich ist.

Zünglein an der Waage

Tonin bekam übrigens auch die Stimmen von Janšas SDS. Denn Janša hofft noch immer, dass er eine Regierung bilden kann. Er hat in den vergangenen Tagen auch den Mitte-links-Parteien großzügige Angebote gemacht. Die SDS hat zwar die Wahl gewonnen, doch will kaum einer mit Janša koalieren. Tonin ist nun das Zünglein an der Waage, obwohl die Partei nur 7,1 Prozent der Stimmen bekam. Er kann den Mitte-links-Parteien einiges abverlangen, wenn es darum geht, in die Regierung zu gehen. "Auf der anderen Seite kommt er dann unter starken Druck der SDS", gibt Lovec zu bedenken.

Auch drei Wochen nach der Wahl ist noch immer unklar, wer nun die Regierung anführen wird. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt weiterhin der Chef der neuen Partei LMS, Marjan Šarec. "Als Alternative kommt noch ein Minderheitenkabinett infrage, das mit verschiedenen Koalitionen zu bestimmten Projekten mit der linken oder rechten Opposition arbeitet", so Lovec. (Adelheid Wölfl, 25.6.2018)